Hubble-Konstante bleibt rätselhaft

Beobachtungen des James-Webb-Teleskops bestätigen Hubble-Daten zur Expansion des Weltalls: Doch das Rätsel um die Hubble-Spannung bleibt damit ungelöst.

Rainer Kayser und Redaktion

Flugobjekt mit Antennenschirm im All

NASA

Seit einem Jahrzehnt sorgt die Hubble-Konstante für Kopfzerbrechen unter Astronominnen und Astronomen. Sie besagt, wie schnell sich das Weltall ausdehnt – doch je nachdem, mit welcher Methode man sie ermittelt, erhält man zwei unterschiedliche Antworten. Nun bestätigen Messungen des James-Webb-Weltraumteleskops frühere Beobachtungen des Hubble-Teleskops mit höherer Genauigkeit. Ein Messfehler sei demnach als Ursache für die brisante Abweichung auszuschließen, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal „Astrophysical Journal“.

Prinzipiell lässt sich die Hubble-Konstante auf zwei unterschiedliche Weisen bestimmen. Einerseits spiegelt sich die Expansion des Universums in der kosmischen Hintergrundstrahlung wider, einem Strahlungsüberrest des Urknalls. Aus räumlichen Schwankungen dieser Strahlung können Forschende ableiten, woraus das All besteht – überwiegend aus Dunkler Materie und Dunkler Energie – und wie schnell es sich ausdehnt. Aus dieser Herangehensweise ergibt sich für die Ausdehnung des Kosmos ein Wert von 67 Kilometern pro Sekunde pro Megaparsec. Das bedeutet, dass sich eine Strecke im Weltall von einem Megaparsec – das entspricht 3,26 Millionen Lichtjahren – sekündlich um 67 Kilometer ausdehnt.

Alternativ dazu lässt sich die Hubble-Konstante auch auf direktem Wege bestimmen: Hierzu misst man, wie schnell sich Galaxien aktuell von uns entfernen. Die bislang besten Messungen des Hubble-Teleskops lieferten hierfür einen deutlich höheren Wert als das Ergebnis der anderen Methode, und zwar von 73 Kilometern pro Sekunde pro Megaparsec. Die Abweichung dieser beiden Werte voneinander nennen Fachleute auch Hubble-Spannung.

Hubble-Spannung bleibt bestehen

Röhrenförmiges Flugobjekt im All, darunter sind Wolken und die Erdoberfläche zu sehen.

Hubble-Teleskop

Nun analysierten Adam Riess von der Johns Hopkins University in den USA und sein Team Beobachtungsdaten des James-Webb-Teleskops von 16 Galaxien, um ebenfalls auf direktem Wege die Hubble-Konstante zu ermitteln. Daraus bestimmten sie einen Wert von 72,6. Zum Vergleich: Für die gleichen Galaxien resultiert aus den Daten des Hubble-Teleskops ein Ergebnis von 72,8.

Das stimme, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, im Rahmen der Messgenauigkeit gut miteinander überein. Konnten Forschende bislang noch hoffen, bei den Hubble-Messungen gäbe es einen übersehenen systematischen Fehler, machen die Daten des James-Webb-Teleskops diese Vermutung nun also zunichte. Für die Hubble-Spannung, also die unterschiedlichen Ergebnisse aus den verschiedenen Methoden, müsse es eine andere Ursache geben, folgert das Forschungsteam.

„Die Abweichung zwischen der beobachteten Expansionsrate und den Vorhersagen des kosmologischen Standardmodells deutet darauf hin, dass unser Verständnis des Universums unvollständig ist“, erläutert Riess weiter. Womöglich gebe es einen bislang unbekannten Prozess, der die Ausdehnung des Weltalls über das kosmologische Standardmodell hinaus antreibe.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2024/kosmologie-hubble-konstante-bleibt-raetselhaft/