So gefährlich wäre die Sonne ohne Erdmagnetfeld

Anne-Dorette Ziems

Leuchtende Polarlichter in unterschiedlichen Farben am Himmel. Im Vordergrund des bunt erleuchteten Nachthimmels ein Feld mit Bäumen

Julien Anet

Ständig sendet die Sonne geladene Teilchen, den Sonnenwind, in alle Richtungen des Sonnensystems – auch in Richtung Erde. Doch in der Regel schützt uns das Erdmagnetfeld davor, dass diese Teilchen uns erreichen. Wenn aber die Teilchenstrahlung, die auf die Erde einprasselt, extrem intensiv ist, kann das Konsequenzen haben. Eine Forschungsgruppe zeigt nun in einer Studie im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences”, welch drastische Auswirkungen intensive Teilchenströme des Sonnenwinds haben, wenn das Erdmagnetfeld sich etwa abschwächt oder verschwindet.

Die geladenen Teilchen von der Sonne – hauptsächlich Protonen – treffen vor allem an den Polen der Erde auf die Atmosphäre. Dort sorgen sie für Polarlichter. Doch je intensiver Teilchenstrahlung auf die Erde trifft – man spricht von sogenannten Solar Particle Events – und je schwächer das Magnetfeld, desto eher können die Teilchen die Ozonschicht, Satelliten und die Telekommunikation auf der Erde stören.

In der Vergangenheit hat es bereits mehrfach extrem intensive Solar Particle Events gegeben. Bei extremen Solar Particle Events kommen auf der Erde 1000 bis 100 000 Mal so viele hochenergetische Protonen wie bei schwächeren Events an. So zeigen Funde, dass das alle paar Jahrtausende passiert. Und auch das Erdmagnetfeld war nicht immer so stark wie jetzt, wie geologische Funde belegen. Etwa durch Polsprünge war es phasenweise deutlich schwächer.

Mehr DNA-Schäden durch Solar Particle Events

Um diese Effekte zu untersuchen, haben Pavle Arsenović vom Institut für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur in Wien und sein Team die Auswirkungen von Solar Particle Events simuliert und die Stärke des Erdmagnetfelds zwischen der aktuellen Stärke und keinem vorhandenen Magnetfeld variiert. Dabei nutzten sie Computermodelle unserer Atmosphäre, die auf Satellitendaten beruhen. Zusätzlich haben sie ein extremes Solar Particle Event in die Simulation eingebaut, um zu testen, was das in den jeweiligen Fällen zur Folge hat.

Die Simulationen des Teams ergaben, dass ein extremes Solar Particle Event bei dem derzeitigen Magnetfeld der Erde die oberen Atmosphärenschichten in der Polregion für etwa ein Jahr verändern würde. Dabei erhöhe sich die Konzentration von Stickoxiden und das greife die Ozonschicht an, so die Forschenden. Für uns Menschen bedeutet das, dass wir schlechter vor der UV-Strahlung der Sonne geschützt wären. Sonnenbrände und daraus folgende gesundheitliche Schäden wären die Folge.

Noch drastischer wären die Folgen, wenn das Magnetfeld der Erde ganz verschwände. Dann würde ein extremes Solar Particle Event die Stickstoffkonzentration über mehrere Jahre auf der gesamten Erde erhöhen – und damit die Ozonschicht reduzieren. Für uns auf der Erdoberfläche würde das einen enormen Anstieg an ultravioletter Strahlung bedeuten, die um 40 bis 50 Prozent mehr Schäden der menschlichen DNA durch Sonneneinstrahlung zur Folge hätte.

Auswirkungen auch auf die Technik

Zusätzlich greifen extreme Solar Particle Events unsere Technik an. Bereits mit dem aktuellen Magnetfeld der Erde wären vor allem Satelliten von Teil- oder Totalausfällen betroffen. Damit wären unter anderem Telekommunikation, Navigationssysteme, Geldtransaktionen, Wettervorhersagen und auch satellitengestützte Gefahrenabwehr- und Warnsysteme gestört. Ohne schützendes Magnetfeld wären diese Auswirkungen noch deutlich stärker.

Auch wenn ein extremes Solar Particle Event nur selten vorkam – es hätte bedeutende Folgen für uns und unseren Planeten – insbesondere, wenn das Magnetfeld der Erde schwächer wäre.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2024/sonnenstuerme-so-gefaehrlich-waere-die-sonne-ohne-erdmagnetfeld/