Wie Pluto zu seinem Mond Charon kam
Anne-Dorette Ziems
Jenseits der großen Gasplaneten, weit draußen in unserem Sonnensystem, zieht der Zwergplanet Pluto seine Bahn – und mit ihm sein Mond Charon. Wie dieser sich gebildet hat, war lange ein Rätsel. Jetzt berichtet eine Forschungsgruppe im Fachmagazin „Nature Geoscience“, dass Pluto den Mond bei einem kurzen Zusammenstoß eingefangen haben könnte. Möglicherweise waren die Himmelskörper für einige Stunden verbunden und haben sich dann wieder getrennt. Daraufhin hat Pluto den Begleiter auf seiner Umlaufbahn festgehalten.
Monde können auf unterschiedliche Weisen entstehen: Zusammen mit ihrem Planeten, durch Zusammenstöße oder indem sie eingefangen werden. Die Umlaufbahnen von Pluto und Charon deuten auf einen Zusammenstoß ähnlich der Entstehung des Erdmondes hin: Aus den Trümmern der Kollision zweier Planeten hat sich ein neuer Körper geformt und ist in der Umlaufbahn geblieben. Doch im Gegensatz zum Erdmond ist Charon mit einem Durchmesser von rund 600 Kilometern im Verhältnis zu Charon mit einem Durchmesser von rund 1200 Kilometern ein relativ großer Mond. Zum Vergleich: Der Durchmesser unseres Monds beträgt nur etwa ein Viertel von dem der Erde. Ein so kleiner Mond kann sich aus den Überresten einer Kollision formen – Charon ist für ein solches Szenario aber zu groß.
Deshalb vermuteten Adeene Denton von der University of Arizona und ihr Team, dass Pluto den Mond eingefangen hat. Um herauszufinden, wie genau das ausgesehen haben könnte, haben sie die Entstehung von Charon mit Modellen berechnet. Dabei haben sie erstmals berücksichtigt, wie fest die beiden Himmelskörper aus Eis und Gestein sind. Bisherige Modelle waren dagegen von heißen Himmelskörpern ausgegangen, die sich wie Flüssigkeiten verhalten. Sie können den Entstehungsprozess des Erdmonds gut simulieren – nicht aber von Charon.
Verbunden für wenige Stunden
Überraschenderweise ergaben die neuen Berechnungen, dass Pluto und der Vorläufer von Charon durchaus zusammengestoßen sein könnten. Anschließend waren sie nur für kurze Zeit miteinander verbunden und rotierten gemeinsam. Doch Charons Massezentrum hinkte der etwas schnelleren Rotation Plutos hinterher und es kam zum Bruch: Charon trennte sich ab. Seither hält ihn die gegenseitige Anziehung der beiden Himmelskörper auf einer fast kreisförmigen Umlaufbahn um Pluto.
Während des gesamten Prozesses, den die Forschenden „kiss-and-capture“ nennen, sind Pluto und Charon weitgehend intakt geblieben. Charon ist also nicht wie der Erdmond erst durch den Zusammenprall entstanden, sondern hat laut dieser Simulation vorher schon bestanden. Er könnte sogar genauso alt sein wie Pluto. Womöglich hat die Kollision und anschließende Trennung der beiden aber für Beben und Vulkanausbrüche gesorgt, die sich dort immer wieder ereignen. Dadurch erneuern sich die Oberflächen von Pluto und Charon immer wieder, weshalb sich das Alter der Himmelskörper nur schwer bestimmen lässt.
Pluto und Charon sind nicht das einzige Paar ähnlich großer Objekte im Kuiper-Gürtel. So eine „kiss-and-capture“-Kollision könnte laut Denton und ihrem Team auch erklären, wie sich andere Paare von Himmelskörpern am Rande unseres Sonnensystems gebildet haben.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2025/sonnensystem-wie-pluto-zu-seinem-mond-charon-kam/