Wie entstehen Schwarze Löcher? Gravitationswellen zeigen es!
Dirk H. Lorenzen
Für die Astronomen sind Schwarze Löcher nichts Unbekanntes – es sind zum einen schlicht Endstadien großer Sterne, zum anderen wähnen die Forscher sehr massereiche Schwarze Löcher im Zentrum praktisch jeder Galaxie. Doch bis heute ist unklar, wie die kompakten Objekte genau aussehen. Durch den Nachweis von Gravitationswellen könnten die Theoretiker Ihre Modelle testen.
Scott Hughes, Astrophysiker am Institut für Theoretische Physik im kalifornischen Santa Barbara, lauscht in seinen Modellen, wie massereiche Schwarze Löcher kleinere Begleiter verschlingen: „Hier hören wir die Gravitationswellen, die ein kleines Schwarzes Loch von etwa zehn Sonnenmassen abstrahlt, während es ein sehr massereiches Schwarzes Loch von einer Million Sonnenmassen stürzt. Ich wandele diese Gravitationswellen in Töne um – eine sehr nützliche und ganz lustige Art, wissenschaftliche Daten zu präsentieren.“
Das kleine Schwarze Loch rast in einem höllischen Tempo von mehr als 30.000 Kilometern pro Sekunde um das Schwarze Loch im Zentrum! Dabei strahlt es Gravitationswellen ab, gleichsam minimale Dellen in Raum und Zeit. Je schneller und dichter der kleinere Begleiter das zentrale Schwarze Loch umkreist, desto intensiver sind die abgestrahlten Gravitationswellen – hier dargestellt als höhere und lautere Töne. Der kleinere Begleiter verliert immer mehr Energie und stürzt schließlich in das zentrale Schwarze Loch.
Scott Hughes lässt diesen Vorgang stark beschleunigt ablaufen. In der echten Natur braucht so ein Objekt etwa ein Jahr, um aus einer Entfernung von vier Millionen Kilometern in das Schwarze Loch zu stürzen. „Ich möchte verstehen, ob die Schwarzen Löcher in den Zentren von Galaxien wirklich so sind, wie die Einsteinsche Relativitätstheorie sie beschreibt. Wir hören hier, wie sich die Frequenzen verändern, während der kleinere Körper um das Zentralobjekt kreist. Wenn im Zentrum wirklich ein Schwarzes Loch sitzt, entwickeln sich diese Frequenzen auf ganz bestimmte Weise – das Hineinspiralen hat einen bestimmten Klang. Falls da ein anderes Objekt sitzt, etwas, das nur von weitem wie ein Schwarzes Loch aussieht, aber tatsächlich etwas anderes ist, dann klingt das Hineinspiralen des kleineren Körper auch ganz anders.“
Vermutlich sitzt im Zentrum unserer Milchstraße und vieler anderer Galaxien ein Schwarzes Loch – aber mit letzter Sicherheit lässt sich das bisher nicht sagen. Denn Schwarze Löcher sind zum einen schwarz, zum anderen sehr klein. Sie sind niemals direkt in Teleskopen zu sehen – aber die Art der bei so einem Absturz abgestrahlten Gravitationswellen verrät sehr viel über den Aufbau der beteiligten Objekte. Dummerweise lassen sich die extrem schwachen Gravitationswellen nur in sehr aufwendig konstruierten Detektoren nachweisen, von denen einige derzeit in Bau oder in Planung sind. Dazu gehört auch GEO600 – dieses Gravitationswellenteleskop steht in der Nähe von Hannover.
Dann müssen Scott Hughes und seine Kollegen nur noch warten, bis wieder einmal irgendwo im All ein massereiches Schwarzes Loch ein kleineres Objekt verschlingt. „So ein Ereignis könnten wir mit den neuen Messgeräten einige Male pro Jahr registrieren. Wir brauchen endlich echte Beobachtungen – bisher können wir nur berechnen, wie sich die Gravitationswellen anhören sollten. Wir haben viele, viele theoretische Modelle – und wir wissen nicht, welches stimmt.“
Die Modelle sagen voraus, wie ein Schwarzes Loch „klingen“ müsste – jetzt fehlt nur noch der Vergleich mit der echten Natur. In einigen Jahren werden die Astronomen buchstäblich „hören“, ob es im Kosmos Schwarze Löcher gibt oder nicht.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/schwarze-loecher/entstehung-schwarzer-loecher/