Eine Kamera für das erste Licht des ELT
Franziska Konitzer
Derzeit entsteht auf dem Cerro Armazones in Chile das Extremely Large Telescope, kurz ELT. Der große Hauptspiegel des ELT wird 39 Meter messen. Mit der Kamera MICADO – Multi-AO Imaging Camera for Deep Observations – wird das ELT schärfere Bilder liefern als jedes andere optische Teleskop. Ziel dieses Verbundprojektes ist es, wichtige Komponenten von MICADO zu entwickeln und ihren Bau bis zur Inbetriebnahme des ELT im Jahr 2024 vorzubereiten.
Bis dahin müssen noch Hardware- und Softwarekomponenten entwickelt werden, ohne die der Betrieb von MICADO nicht möglich wäre. An der LMU in München sind das die Steuerungselektronik des Instruments mit zugehöriger Software sowie kryomechanische Komponenten. Die Gruppe der Universität Göttingen ist für die Integration der zahlreichen Bestandteile zu einer Gesamtinstallation sowie ihrer Ankopplung an das Teleskop zuständig. Eine besondere Herausforderung ist die Minimierung mechanischer Schwingungen, um die angestrebte Bildqualität zu erreichen. Dazu wird am Institut für Systemdynamik an der Universität Stuttgart ein Konzept zur Kompensation dieser Störeffekte entwickelt.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert dieses Verbundprojekt im Zeitraum von Juli 2017 bis Juni 2020 mit rund 3 150 000 Euro.
Fördersumme: 3 155 308 €
Förderzeitraum: 01.07.2017 bis 30.06.2020
Förderkennzeichen: 05A17WM1, 05A17MG1, 05A17VS1
Beteiligte Institutionen: LMU München, Universität Göttingen, Universität Stuttgart
Projektseite: MICADO
In der chilenischen Atacamawüste entsteht das Extremely Large Telescope oder kurz ELT der Europäischen Südsternwarte – das größte Teleskop der Welt für den optischen und infraroten Spektralbereich. Das erste Licht und damit die ersten Bilder des Teleskops soll eine leistungsstarke Kamera namens MICADO aufzeichnen, dessen Entwicklung und Bau das Bundesforschungsministerium fördert.
Viel zu sehen ist auf dem Cerro Armazones in der chilenischen Atacamawüste derzeit noch nicht. Trotzdem sind die Bauarbeiten auf dem über 3000 Meter hohen Berg bereits in vollem Gange: Die Straße dorthin wurde bereits gebaut und die Spitze des Berges weggesprengt. Sie weicht dem größten Teleskop der Welt – dem Extremely Large Telescope oder kurz ELT, das hier in einigen Jahren in Betrieb gehen soll. Der Cerro Armazones ist der perfekte Ort dafür, fernab der Zivilisation und damit jeglicher Lichtverschmutzung. Zudem sind die Nächte in dieser extrem trockenen Region besonders klar.
Aus diesem Grund finden sich in der chilenischen Atacamawüste auch andere Großteleskope, wie das Very Large Telescope VLT. Es richtet lediglich zwanzig Kilometer vom Cerro Armazones entfernt seinen Blick auf das Universum – im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Die derzeitige Generation von Großteleskopen verfügt über Spiegeldurchmesser von rund zehn Metern. Der Hauptspiegel des ELT hingegen wird es auf 39 Meter bringen. „Das ist wirklich ein großer Sprung“, sagt Ralf Bender von der LMU in München. Aufgrund seiner adaptiven Optik wird das Auflösungsvermögen des ELT dasjenige von normalen bodengebundenen Teleskopen um das Hundertfache übertreffen, das des Weltraumteleskops Hubble um das Zehnfache. „Die Auflösungskraft des ELT wird auch die des James Webb Space Telescopes – des Nachfolgers von Hubble – um das Fünffache übersteigen und es wird über eine wesentlich höhere Lichtsammelleistung verfügen“, erklärt der Physiker. Dadurch lassen sich noch feinere Details eines Himmelsobjekts sichtbar machen.
Ein großer Spiegel alleine reicht aber nicht. Es braucht entsprechende Instrumente, die das eingefangene Licht analysieren und aufnehmen. Dazu zählen Kameras für unterschiedliche Wellenlängenbereiche oder Spektrografen, die das Licht in seine einzelnen Farben zerlegen. Dadurch erhalten Astronomen wertvolle Informationen über die chemische Zusammensetzung oder die Geschwindigkeit eines Himmelobjekts. Bender und seine Kollegen tüfteln an mehreren deutschen und europäischen Instituten derzeit an einem besonderen Instrument für das ELT: einer Kamera namens MICADO, die das erste Licht und damit die ersten Bilder des Teleskops aufnehmen soll.
Während das ELT selbst Licht im optischen sowie dem mittleren und nahen Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums einfangen kann, konstruieren die Wissenschaftler MICADO für den nahen Infrarotbereich, der etwas langwelliger ist als sichtbares Licht. „Elliptische Galaxien sehen in diesem Wellenlängenbereich fast genauso aus wie im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums“, erläutert Bender. „Aber eine Spiralgalaxie schaut viel glatter und gleichmäßiger aus, weil die sehr hellen, blauen Sterne nicht so prominent sind. Dafür können wir andererseits sehr viel tiefer in Sternentstehungsregionen hineinschauen als das im sichtbaren Bereich möglich ist, da interstellarer Staub im Infraroten das Licht weniger absorbiert.“
Die Liste mit astronomischen Zielen, die Wissenschaftler mit MICADO anvisieren wollen, ist dementsprechend vielfältig. Sie interessieren sich sowohl für extrem weit entfernte Galaxien, die bereits kurz nach dem Urknall existierten, als auch für nähere Galaxien. Die Letzteren lassen sich mit dem neuen Instrument teils in einzelne Sterne auflösen, womit man ihre Entstehungsgeschichte rekonstruieren kann. Außerdem können die Astronomen in Kugelsternhaufen nach mittelschweren Schwarzen Löchern suchen oder die Bewegung von einzelnen Sternen um massereiche Schwarze Löcher, zum Beispiel im Zentrum unserer Milchstraße, analysieren.
Derzeit befindet sich die Kamera noch in der Entwicklungsphase. Im Rahmen der Verbundforschung fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Entwicklung und den Bau von MICADO. So werden an der Universität Stuttgart optische Komponenten entwickelt, die Störeffekte durch mechanische Schwingungen kompensieren sollen. An der Universität Göttingen entwerfen Forscher die Konstruktion, von der die Kamera später gehalten wird und die sie an das Teleskop ankoppelt.
Und an der LMU in München leitet Ralf Bender eine Gruppe, die sich um die Steuerungselektronik der Kamera kümmert und die passende Kontrollsoftware dafür entwickelt. Die Wissenschaftler bauen auch optomechanische Komponenten, mit denen man zwischen den verschiedenen Betriebsmoden wechseln kann. Da all dies bei kryogenen Temperaturen stattfindet, müssen die Bauteile, vorher ausführlich getestet werden. „Wir richten derzeit ein Labor mit Kryostaten ein, um unsere Motoren und einzelne Komponenten zu testen“, berichtet Bender. Sieben Jahre haben die Forscher noch Zeit, um MICADO zu bauen: Im Jahr 2024 soll sie dann das erste Licht des ELT aufzeichnen.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/bmbf/astro-und-astroteilchenphysik/eine-kamera-fuer-das-erste-licht-des-elt/