Exoplaneten im infraroten Licht

Franziska Konitzer

Very Large Telescope in Chile

Iztok Boncina/ESO

Astronomen aus aller Welt kommen zum Very Large Telescope in der chilenischen Atacamawüste, um den Südhimmel vom optischen bis zum infraroten Spektralbereich zu beobachten. Neben hochauflösenden Kameras verwenden sie dabei auch Spektrografen, die das empfangene Licht in seine verschiedenen Wellenlängen aufspalten. Im Rahmen der Verbundforschung fördert das Bundesforschungsministerium derzeit ein umfangreiches Upgrade für den Infrarotspektrografen CRIRES. Als CRIRES+ soll dieser künftig unter anderem Einblicke in die Atmosphären von Exoplaneten erlauben. Wie das Instrument funktioniert und wie das Upgrade vorangeht, erzählt Projektkoordinator Artie Hatzes von der Landessternwarte Thüringen im Interview.

Welt der Physik: Was genau ist ein Spektrograf?

Artie Hatzes: Ein Spektrograf zerlegt Licht in seine einzelnen Bestandteile. Denn obwohl beispielsweise das Licht der Sonne für das menschliche Auge weiß erscheint, setzt es sich aus verschiedenen Farben zusammen. Veranschaulichen lässt sich das anhand eines Regenbogens: Scheint Sonnenlicht durch eine Regenwolke, wird es in seine einzelnen Farbanteile aufgespalten. Im sichtbaren Bereich besteht das weiße Sonnenlicht aus blauen, grünen und roten Farben. Die Farbe hängt jeweils von der Wellenlänge des Lichts ab – blaues Licht hat eine kleine Wellenlänge, rotes Licht eine größere Wellenlänge. Bei noch größeren Wellenlängen kommen wir in den Infrarotbereich. Mit einem Spektrografen lässt sich Licht ebenfalls in seine verschiedenen Farben oder Wellenlängen zerlegen.

Spektrum eines Exoplaneten

Lichtspektrum eines Exoplaneten

Was lässt sich mit solchen Spektrografen beobachten?

Mit Spektrografen können Astronomen beispielsweise herausfinden, aus welchen chemischen Elementen die Sonne besteht. Denn im Vergleich zu Regentropfen kann ein hochauflösender Spektrograf zeigen, dass im Farbspektrum des Sonnenlichts manche Wellenlängen fehlen – wir sprechen von Absorptionslinien. Diese dunklen Bereiche entstehen, weil Atome in den äußeren Schichten der Sonne bestimmte Wellenlängen des Lichts absorbieren. Absorptionslinien sind sehr wichtig für die Astronomie, weil verschiedene Atome und Moleküle jeweils ganz bestimmte Wellenlängen absorbieren. Jedes chemische Element hat damit einen charakteristischen Fingerabdruck. Indem wir also die Absorptionslinien in einem Spektrum vermessen, können wir erfahren, durch welche chemischen Elemente das Licht beeinflusst wurde.

Bis 2014 war der Infrarotspektrograf CRIRES eines der leistungsfähigsten Instrumente am Very Large Telescope. Warum ist nun ein Upgrade nötig?

CRIRES war nach seinem Bau zunächst der einzige hochauflösende Spektrograf für Infrarotwellenlängen. Verglichen mit optischen Spektrografen deckte das Instrument allerdings einen viel kleineren Wellenlängenbereich ab. Wir wollen CRIRES nun so verbessern, dass wir einen deutlich größeren Wellenlängenbereich als bislang möglich beobachten können. Auf diese Weise lässt sich natürlich mehr vom Spektrum eines Sterns sehen. Darüber hinaus waren die Detektoren des alten Spektrografen ziemlich veraltet. Seit seinem Bau hat sich die Technologie weiterentwickelt. Neben den neuen, effizienteren Detektoren wollen wir auch noch ein sogenanntes Polarimeter einbauen, um auch die Magnetfelder von Sternen zu beobachten.

Mit CRIRES+ wollen Sie auch die Atmosphären von Exoplaneten untersuchen. Wie funktioniert das?

Da Exoplaneten zu schwach leuchten, können wir sie nicht direkt beobachten. Zieht ein Exoplanet aber aus unserer Sicht vor seinem Stern vorbei, absorbiert die Planetenatmosphäre einen kleinen Teil des Sternenlichts. Wir beobachten den Stern mit dem Spektrografen, wenn sich der Planet gerade nicht davor befindet. Anschließend beobachten wir den Stern ein zweites Mal, wenn der Planet davor vorüberzieht. Diese beiden Messungen können wir miteinander vergleichen und so Informationen über die Atmosphäre des Exoplaneten gewinnen.

Warum haben Sie sich entschieden, mit dem Spektrografen ausschließlich Licht im infraroten Wellenlängenbereich zu analysieren?

Wir wissen bereits, dass die Atmosphären von Exoplaneten unter anderem Kohlenmonoxid, Wasser oder Methan enthalten. Die Absorptionslinien dieser Moleküle liegen im infraroten Wellenlängenbereich. Zudem wollen wir mit CRIRES+ hauptsächlich nach kleinen Planeten suchen, die sich um kleine, kalte Himmelskörper bewegen. Und diese Objekte senden ihr Licht nur im Infrarotbereich des Lichtspektrums aus.

CRIRES am VLT

CRIRES am VLT

Wann ist CRIRES+ einsatzbereit?

Vor rund einem Jahr haben wir den alten Spektrografen CRIRES von Chile nach Garching gebracht und die neuen Komponenten eingebaut. Jetzt haben wir gerade die sogenannte Integrationsphase abgeschlossen, in der wir untersuchen, ob alles wie gewünscht funktioniert. Wenn alles gut läuft, wird CRIRES+ gegen Ende des Jahres zum VLT nach Chile transportiert und dort eingebaut. Mitte 2019 wollen wir dann mit den Beobachtungen beginnen.

CRIRES wird im Rahmen der Verbundforschung des BMBF zu CRIRES+ weiterentwickelt. Was tragen die einzelnen Verbundpartner zu dem Projekt bei?

An dem Verbundprojekt ist neben der Sternwarte Tautenburg, also der Landessternwarte Thüringen, auch das Institut für Astrophysik der Universität Göttingen beteiligt. Unsere Landessternwarte leitet das Projekt. Wir kümmern uns hauptsächlich um die mechanischen Aspekte und haben einzelne Komponenten für den Spektrografen hergestellt. An der Universität Göttingen haben die Wissenschaftler die sogenannte Kalibrationseinheit entwickelt: Wenn das Licht vom Spektrografen in seine Einzelteile zerlegt und dann vom Detektor aufgezeichnet wird, muss den gemessenen Signalen jeweils eine Wellenlänge zugeordnet werden – genau das übernimmt die Kalibrationseinheit. Außerdem hat eine schwedische Forschungsgruppe aus Uppsala ein Bauteil beigesteuert, das die Magnetfelder von Sternen anhand des Sternenlichts aufzeichnen und analysieren kann. Und natürlich ist die Europäische Südsternwarte ein ganz wichtiger Partner – schließlich ist das VLT ihr Teleskop. Die ESO ist mit viel technischer Expertise am Projekt beteiligt und wird den Transport von CRIRES+ nach Chile und die Installation am VLT betreuen.

Wenn es so weit ist – was würden Sie gerne zuerst mit CRIRES+ untersuchen?

Zunächst müssen wir überprüfen, ob der Infrarotspektrograf auch im Betrieb so funktioniert, wie er funktionieren soll. Deshalb werden wir als Erstes einen Planeten beobachten, dessen Atmosphäre wir bereits kennen. Dann wollen wir herausfinden, ob wir mit CRIRES+ auch Planeten um Braune Zwerge entdecken können. Diese Himmelskörper liegen mit ihrer Masse zwischen Gasriesen wie Jupiter und Sternen. Sobald wir sichergestellt haben, dass alles funktioniert, haben wir eine Liste der hellsten Exoplaneten, deren Atmosphären wir untersuchen wollen.


Informationen zu diesem Projekt

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert dieses Projekt im Zeitraum von Juli 2016 bis Juli 2019 mit rund 700 000 Euro.

Fördersumme: 707 022 Euro

Förderzeitraum: 01.07.2017 bis 30.06.2019

Förderkennzeichen: 05A17ST1, 05A17MG2

Beteiligte Institutionen: Thüringer Landessternwarte Tautenburg, Universität Göttingen

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/bmbf/astro-und-astroteilchenphysik/exoplaneten-im-infraroten-licht/