Gammastrahlenobservatorium CTA
Franziska Konitzer
Im Mittelpunkt dieses Verbundprojekts von Instituten aus Heidelberg, Erlangen, Berlin und Tübingen steht die Vorbereitung des deutschen Beitrags zum Gammastrahlenteleskop der nächsten Generation: Das Cherenkov Telescope Array, kurz CTA, wird das erste reguläre erdgebundene Observatorium für die energiereiche Gammastrahlung sein, das Forschern weltweit offensteht. Heutige Gammateleskope wird das CTA – aufgebaut aus vielen Einzelteleskopen auf der Nord- und der Südhalbkugel – hinsichtlich Empfindlichkeit und räumlichem Auflösungsvermögen um ein Vielfaches übertreffen.
Der in diesem Verbundprojekt entwickelte deutsche Beitrag umfasst unter anderem Kontrollsystem, Steuerung und Kalibrationshardware eines Teleskopprototyps sowie die Entwicklung von Teleskopsoftware. Die Gammaastronomie bei sehr hohen Energien wurde wesentlich in Deutschland entwickelt – mit der starken deutschen Beteiligung am CTA wird diese Rolle fortgeschrieben.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt seit 2009 im Rahmen seiner Verbundforschung. Insgesamt wurden rund 4,9 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Im aktuellen Förderzeitraum 2014 bis 2017 beläuft sich die Fördersumme für die Universität Heidelberg, die Universität Erlangen-Nürnberg, die Humboldt-Universität zu Berlin sowie die Universität Tübingen auf rund 2,7 Millionen Euro.
Fördersumme: 2 694 716 €
Förderzeitraum: 01.07.2014 bis 30.06.2017
Förderkennzeichen: 05A14VH4, 05A14WE2, 05A14KH3, 05A14VTA
Beteiligte Institutionen: Universität Heidelberg, Universität Erlangen-Nürnberg, Humboldt-Universität zu Berlin, Universität Tübingen
Projektseite: CTA Projektbüro
Mit dem geplanten Cherenkov Telescope Array, kurz CTA, wollen Astronomen die Erforschung der hochenergetischen Gammaquanten und ihrer Quellen im Universum weiter vorantreiben. Wissenschaftler aus Deutschland sind maßgeblich an den Vorbereitungen für das Gammateleskop beteiligt.
Ein Großteil der Strahlung aus dem Weltall stammt aus thermischen Quellen – heißen Objekten, die Wärmestrahlung aussenden, wie zum Beispiel die Sonne. Allgemein gilt: Je heißer das Objekt, desto energiereicher die Strahlung, die es aussendet. Das Licht der Sonne weist beispielsweise Energien im Bereich von bis zu drei Elektronenvolt auf, entsprechende Wellenlängen liegen vornehmlich im sichtbaren Bereich. „Allerdings sind die Temperaturen der heißesten Objekte, die wir kennen, bei Weitem nicht heiß genug, um Lichtteilchen mit Energien von Giga- oder sogar Teraelektronenvolt zu erzeugen“, erklärt Stefan Wagner von der Landessternwarte an der Universität Heidelberg. Da solche hochenergetischen Gammaquanten aber nachweisbar sind, müssen sich ihre Erzeugungsprozesse drastisch von denen der Wärmestrahlung unterschieden.
Astrophysiker gehen davon aus, dass die Gammaquanten von nichtthermischen Quellen erzeugt werden. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Himmelsobjekte, die wie kosmische Teilchenbeschleuniger fungieren, indem sie geladene Partikel wie Elektronen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit ins All schleudern können. Dabei haben Forscher unter anderem Supernovae im Blick: Stößt ein Stern seine Gashülle während einer solchen Explosion ab, kann sich diese mit bis zu zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit ausbreiten und so eine Stoßfront bilden. Trifft diese Welle auf umgebendes Gas, werden Atome und Elektronen darin an ihr gestreut und werden dadurch selbst auf hohe Energien beschleunigt. Treten diese Teilchen anschließend mit Magnetfeldern oder Lichtteilchen in Wechselwirkung, können Lichtquanten entstehen, deren Energie millionenfach höher ist als die des Sonnenlichts.
Wissenschaftler haben zudem noch weitere Himmelskörper im Verdacht: Pulsarnebel etwa, in deren Zentrum sich schnell rotierende Neutronensterne mit extrem starken Magnetfeldern befinden. Als extragalaktische Quelle kommen aktive galaktische Kerne infrage, die von einem supermassereichen Schwarzen Loch angetrieben werden. Die genauen Mechanismen hinter derartigen nichtthermischen Quellen sind aber bislang noch weitgehend unverstanden.
Teilchenschauer und Tscherenkowblitze
Um das Phänomen von der Erde aus zu untersuchen, müssen die Forscher allerdings zu einer indirekten Methode greifen: „Gammastrahlen können die Erdatmosphäre nicht passieren“, sagt Stefan Wagner. „Sie treten beim Auftreffen mit den Molekülen dort in Wechselwirkung und erzeugen so einen Teilchenschauer.“ Diese neu erzeugten Teilchen sind so energiereich, dass bei ihrer Passage durch die Erdatmosphäre sogenannte Tscherenkowstrahlung entsteht: schwache, bläuliche Lichtblitze, die nur rund eine milliardstel Sekunde andauern. „Mit dem bloßen Auge kann man solche Tscherenkowblitze also nicht wahrnehmen“, erläutert Wagner.
Um mehr über den Ursprung und die Eigenschaften der kosmischen Gammaquanten zu erfahren, nutzen Astronomen spezielle Teleskope, mit denen sich die bläulichen Lichtblitze registrieren lassen. Die Betriebsbedingungen für solche Tscherenkowteleskope sind noch anspruchsvoller als für gewöhnliche optische Teleskope, denn die Lichtblitze sind so schwach, dass absolute Dunkelheit am Nachthimmel erforderlich ist. Nur in Nächten ohne Mondlicht kann die Tscherenkowstrahlung beobachtet werden. „An guten Standorten auf der Erde kommen wir pro Teleskop so auf 1100 bis 1200 Stunden Beobachtungszeit im Jahr“, berichtet Wagner.
Derzeit sind drei Gammaobservatorien auf der Welt aktiv, unter anderem H.E.S.S., das aus insgesamt fünf Teleskopen besteht und im Jahr 2013 an seinem Standort in Namibia vollständig in Betrieb ging. „Die Zielsetzungen der derzeitigen Generation von Gammateleskopen waren, die experimentellen Techniken zu testen und herauszufinden, ob es interessante Beobachtungsphänomene gibt. Das ist uns gelungen“, meint Wagner.
Beim geplanten Cherenkov Telescope Array wird es sich um zwei Anlagen aus mehreren Dutzend Tscherenkowteleskopen handeln. Diese sollen sich an zwei verschiedenen Standorten auf der Erde befinden – einmal auf der nördlichen und einmal auf der südlichen Hemisphäre. Der wichtigste Unterschied zu den jetzigen Gammateleskopen ist die geplante Größe, erklärt Wagner. „H.E.S.S. hat insgesamt eine Lichtsammelfläche von 150 Metern auf 150 Metern. Das CTA soll an einem einzelnen Standort jeweils auf eine Sammelfläche von drei auf drei Kilometern kommen. Das ist wichtig, denn die Gammaquanten der höchsten Energien sind sehr selten, es gibt davon nur wenige Ereignisse pro Quadratmeter pro Jahr. Deshalb wollen wir eine möglichst große Sammelfläche haben.“
Deutscher Beitrag zum CTA
Mit den beiden Standorten wollen die Astronomen die ganze Bandbreite an möglichen Energien und Himmelsereignissen abdecken. „Die gesamte galaktische Astronomie wird von der südlichen Hemisphäre aus durchgeführt, da man die Milchstraße von dort aus sehr viel besser beobachten kann. Die extragalaktische Astronomie kann gleichermaßen im Norden als auch im Süden betrieben werden“, so Wagner. Dabei soll das CTA über drei unterschiedlich große Arten von Teleskopen verfügen, die jeweils in unterschiedlichen Energiebereichen messen. „Je größer das Teleskop, auf desto niedrigere Energien im Gammabereich ist es empfindlich.“
Von den größten Teleskopen mit einem Spiegeldurchmesser von 24 Metern soll es pro Standort jeweils vier Stück geben, während die kleinsten Teleskope mit einem Spiegeldurchmesser von vier Metern nur auf der Südhalbkugel aufgebaut werden. Die siebzig kleinen Teleskope weisen die Gammaquanten mit den höchsten Energien nach, die ihren Ursprung in der Milchstraße haben.
„Wir haben im letzten Jahr eine Vorbereitungsphase beendet, in deren Rahmen auch Prototypen kleiner und mittlerer Größe gebaut wurden“, beschreibt Wagner den derzeitigen Status des CTA-Projekts. Unter anderem wurde ein Prototyp mit einem Spiegeldurchmesser von zwölf Metern am Forschungszentrum DESY in Zeuthen bei Berlin errichtet. An diesem Teleskop konnten die Forscher die Technik testen und optimieren. Im Rahmen des Verbundprojekts des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurden Forschungsprojekte zur Entwicklung zahlreicher Subsysteme für alle Teleskope und das gesamte Projekt unterstützt.
Andere Bereiche der deutschen Beteiligung am CTA, das von einem internationalen Konsortium geplant wird, betreffen den Bau der Kameras sowie die Steuerung der einzelnen Spiegel, da ein einzelnes Teleskop aus mehreren Spiegeln zusammengesetzt ist. „Die einzelnen Spiegel haben einen Durchmesser von rund einem Meter. Für eine Teleskopanlage hat man Hunderte solcher Spiegelelemente, die alle kontrolliert gesteuert und im gemeinsamen Fokus liegen müssen“, so Wagner. „Die Herausforderung dabei ist, dass das bislang in dieser Dimension noch nie realisiert wurde“.
Welt der Physik gemäß den Bedingungen der Quelle
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/bmbf/astro-und-astroteilchenphysik/gammastrahlenobservatorium-cta/