Geschichte des internationalen Einheitensystems
Wie lang ist ein Meter, wie schwer ein Kilogramm und wie lang eine Sekunde? Die Antwort auf diese Fragen fiel im Lauf der Geschichte oft sehr unterschiedlich aus. Inzwischen lassen sich die meisten Einheiten zwar präzise festlegen, doch grübeln Wissenschaftler auch heute noch über genauere Definitionen.
Bis vor rund 125 Jahren gab es in Deutschland keine verbindlichen Längenmaße – und selbst wenn zwei Maße denselben Namen trugen, mussten sie nicht übereinstimmen. Die Bremer Elle entsprach zum Beispiel 55,372 Zentimeter und ließ sich am Marktplatz direkt nachmessen: Sie war durch den Abstand der Knie der Rolandstatue bestimmt. Die Frankfurter Elle hingegen betrug 54,37 Zentimeter, die kurze Hamburger Elle 57,31 Zentimeter und die lange Hamburger Elle 68,71 Zentimeter.
Mit der französischen Revolution setzte sich in Frankreich der Wunsch nach einem einheitlichen Maßsystem durch. Zuerst befasste man sich mit einem neuen Längenmaß – dem Meter –, das für die gesamte Welt gelten und zudem unveränderlich sein sollte. Als Referenz wählte man die Erde selbst: Ein Meter entspreche einem Vierzigmillionstel des Erdumfangs. 1799 wurde der erste Meterstab in Platin gegossen und zum geltenden Maß des Landes erklärt. Später stellte sich zwar heraus, dass die für den „Urmeter“ zugrunde gelegten Messungen des Erdumfangs fehlerhaft waren, dem Erfolg des metrischen Systems tat das aber keinen Abbruch.
Am 20. Mai 1875 unterzeichneten 17 Staaten einen internationalen Vertrag – die Meterkonvention –, mit dem Ziel, alle Maße und Gewichte international zu vereinheitlichen. 1889 tagte dann erstmals die „Generalkonferenz für Maß und Gewicht“, um die Prototypen für den Urmeter und das Urkilo zu genehmigen und an alle Mitgliedsstaaten zu verteilen. 1948 traf sich die Generalkonferenz zum neunten Mal und entwarf ein Einheitensystem mit sechs Basiseinheiten, das man dann in der zehnten Konferenz 1954 bestätigte: Der Meter für Längen, das Kilogramm für Massen, die Sekunde für die Zeit, das Ampere für die Stromstärke, das Kelvin für die Temperatur und die Candela für die Lichtstärke. 1960 legte die elfte Konferenz den Namen des neuen Systems fest: Système International d'Unités mit der Abkürzung SI, die in allen Sprachen benutzt werden soll. Das Mol als Maß der Stoffmenge kam als siebte SI-Einheit erst 1973 hinzu.
Auch heute noch beschäftigt sich die Grundlagenforschung mit den SI-Einheiten. Dabei versuchen Wissenschaftler eine Referenz – ein sogenanntes Normal – für jede Einheit zu finden, die weder vom Ort noch von der Zeit des Anwenders abhängt und mit der sich die Einheit immer wieder fehlerfrei reproduzieren lässt. Die Elle ist demnach ein schlechtes Normal, denn die Länge des Unterarms variiert von Mensch zu Mensch. Doch auch die Erde selbst ist kein ideales Normal, denn im Lauf der Erdgeschichte verschieben sich Kontinente, Gebirge entstehen oder verschwinden, sodass sich ihr Umfang minimal verändert.
Deshalb versucht man, die Einheiten an Naturkonstanten festzumachen. Dieses Unterfangen ist jedoch nicht nur technisch kompliziert, sondern berührt auch eine grundlegende Frage der Physik: Wie konstant sind Naturkonstanten überhaupt?
Trotz des eigentlich verbindlichen SI-Systems kommt es auch heute noch zu Pannen bei der Nutzung von Einheiten: Im September 1999 stürzte die Sonde Mars Climate Orbiter auf dem Mars ab. Die Fehlersuche ergab bald, dass die Umlaufbahn falsch berechnet worden war. An der Berechnung waren zwei Arbeitsgruppen beteiligt, eine davon hatte in Metern und Kilogramm gerechnet, die andere in Feet und Pound.
Definitionen der SI-Einheiten im Überblick
SI-Einheit | Definition |
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Meter | Das Meter ist die Länge der Strecke, die Licht in einer 299 792 458-tel Sekunde durchläuft. |
Kilogramm | Das Kilogramm ist gleich der Masse des Internationalen Kilogrammprototyps. |
Sekunde | Die Sekunde ist das 9 192 631 770-fache der Periodendauer der Strahlung, die dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Caesiumisotops 133Cs entspricht. |
Ampere | Das Ampere ist die Stärke eines konstanten elektrischen Stromes, der – durch zwei parallele, geradlinige, unendlich lange und im Vakuum im Abstand von einem Meter voneinander angeordnete Leiter von vernachlässigbar kleinem, kreisförmigem Querschnitt fließend – zwischen diesen Leitern je einem Meter Leiterlänge die Kraft 2 · 10-7 Newton hervorrufen würde. |
Kelvin |
Das Kelvin ist der 273,16-te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers, der bei 0,01 °C liegt. |
Mol | Das Mol ist die Stomenge eines Systems, das aus ebenso vielen Einzelteilchen besteht, wie Atome in zwölf Gramm des Kohlenstosotops 12C enthalten sind. |
Candela | Die Candela ist die Lichtstärke in einer bestimmten Richtung einer Strahlungsquelle, die einfarbige Strahlung der Frequenz 540 · 1012 Hz aussendet und deren Strahlstärke in dieser Richtung ein 683-tel Watt pro Steradiant beträgt. |
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/das-internationale-einheitensystem/geschichte-des-internationalen-einheitensystems/