Wie lange dauern Sonnenauf- und -untergänge?
Der scheinbare Durchmesser der Sonne am Himmel beträgt etwa ein halbes Grad. Durch die Erdrotation dreht sich vom Erdboden aus gesehen die Himmelskugel im Tageslauf einmal um sich selbst, also um 360 Grad. Dadurch wandert die Sonne innerhalb von zwei Minuten um ihren eigene Durchmesser weiter – so lange sollte also auch ein Sonnenauf- oder -untergang dauern. Rechnet man mit der exakten Größe der Sonne, so ergeben sich Werte zwischen zwei Minuten und zehn Sekunden (zur Sonnennähe im Januar) und zwei Minuten und sechs Sekunden (zur Sonnenferne im Juli).
Allerdings ist diese Betrachtung in zweierlei Hinsicht zu einfach: Erstens steht die Sonne zumeist nicht auf dem Himmelsäquator und zweitens geht die Sonne – außer für einen Beobachter auf dem irdischen Äquator – nicht senkrecht zum Horizont auf und unter, sondern schräg dazu. Beide Einflüsse verlängern die Dauer des Himmelsschauspiels. Wie lange Auf- und Untergänge dauern, hängt also vom Beobachtungstag und vom Beobachtungsort ab.
Bedingt durch die Neigung der Erdachse gegen die Erdumlaufbahn steht die Sonne auf der Nordhalbkugel im Sommerhalbjahr oberhalb und im Winterhalbjahr unterhalb des Himmelsäquators. Zur Sonnenwende hat unser Zentralgestirn den maximalen Abstand von 23,5 Grad – dies entspricht der Neigung der Erdachse – vom Himmelsäquator. Wenn die Sonne aber nicht auf dem Himmelsäquator steht, dann bewegt sie sich nicht auf einem Großkreis der Himmelskugel, sondern auf einem kleineren Breitenkreis. Da damit die von der Sonne am Himmel in 24 Stunden zurückgelegte Strecke kleiner ist, dauern die Auf- und Untergänge entsprechend etwas länger. Zur Sonnenwende beträgt der Unterschied für einen Beobachter am Erdäquator etwa neun Sekunden.
Verlassen wir nun den Erdäquator, so geht die Sonne nicht mehr senkrecht zum Horizont auf und unter. Der Winkel zwischen der scheinbaren Sonnenbahn und dem Horizont hängt sowohl von der geografischen Breite des Beobachtungsorts als auch vom Abstand der Sonne vom Himmelsäquator ab. Je flacher dieser Winkel ist, desto länger dauern die Auf- und Untergänge. Auf der geografischen Breite von Hamburg beispielsweise beträgt der Auf- und Untergangswinkel zur Tag- und Nachtgleiche etwa vierzig Grad, entsprechend dauern Sonnenauf- und -untergänge dann rund dreieinhalb Minuten.
Dauer eines Sonnenaufgangs: Exakte Berechnung
Für die exakte Berechnung müssen wir zunächst wissen, wie weit die Sonne zum Beobachtungszeitpunkt von der Erde entfernt ist. Angaben dazu findet man beispielsweise in einem astronomischen Jahrbuch. Die Basiszeit \(t_0\) für Auf- und Untergänge beträgt dann
$$ t_0 = \frac{24 {\rm h}}{2\pi} \cdot \frac{D_☉}{r_☉}$$
wobei \(D_☉\) der Durchmesser der Sonne und \(r_☉\) der Abstand Erde-Sonne am Beobachtungstag ist.
Die Astronomen verwenden am Himmel ein ganz ähnliches Koordinatensystem wie auf der Erde. Der geografischen Länge entspricht dabei die Rektaszension, der geografischen Breite die Deklination. Für die Dauer der Sonnenauf- und -untergänge benötigen wir die Deklination der Sonne am Beobachtungstag. Diese lässt sich wiederum einem Jahrbuch entnehmen. Bei einer Deklination \(\delta\) verlängert sich die Dauer der Auf- und Untergänge für einen Beobachter am Erdäquator auf
$$t_♁ =\frac{ t_0}{\cos \delta}$$
Für einen beliebigen Beobachtungsort bei einer geografischen Breite \(\phi\) müssen wir nun den Auf- bzw. Untergangswinkel \(\alpha\) berechnen. Er ergibt sich aus dem sphärischen Dreieck Himmelsnordpol-Zenit-Auf-/Untergangspunkt mit dem Seitenkosinussatz zu
$$\cos \alpha =\frac{\sin \phi}{\cos \delta}$$
Die Dauer des Sonnenauf- oder -untergangs beträgt dann schließlich
$$ t = \frac{t_♁}{\sin \alpha}.$$
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/dauer-sonnenaufgang-sonnenuntergang/