Warum ist es nachts dunkel?
Die Erde dreht sich in 24 Stunden einmal um sich selbst. Dadurch scheint die Sonne im Tageslauf über den Himmel zu ziehen. Und steht die Sonne unter dem Horizont, so ist es dunkle Nacht. Doch damit ist die Frage, warum es nachts dunkel ist, keineswegs beantwortet.
Die Sonne beleuchtet nur die ihr zugewandte Seite unseres Planeten. Auf der anderen Seite ist es derweil dunkel – nur die Sterne funkeln am Nachthimmel. Wenn nun aber das Universum unendlich groß und gleichmäßig mit Sternen angefüllt wäre, müsste dann nicht auch der Nachthimmel an jeder Stelle so hell leuchten wie ein Stern oder wie unsere Sonne? Es wäre also auch nachts taghell. Johannes Kepler wies 1610 auf dieses Problem hin und nutzte es als Argument gegen die damals heiß diskutierte Idee eines unendlichen Universums.
Für Kepler war die dunkle Nacht ein klarer Beweis dafür, dass unser Kosmos endlich sein müsse. Heute wird dieses Problem zumeist als „Olbers-Paradoxon“ bezeichnet. Denn der Astronom Heinrich Olbers hatte die Frage 1823 erneut zur Debatte gebracht. Gas zwischen den Sternen würde das Licht absorbieren, vermutete Olbers. Auf diese Weise ließe sich auch in einem unendlichen Kosmos erklären, warum es nachts dunkel ist. Doch er irrte: Das Sternenlicht würde das Gas aufheizen, bis es ebenso hell strahlt wie die Sterne selbst. Tatsächlich glaubten Astronomen bis Anfang des 20. Jahrhunderts, die Milchstraße sei ein „Insel-Universum“, umgeben von unendlicher Leere. So überzeugend war das Argument von Kepler.
Erst in den 1920er-Jahren zeigte sich, dass es sich bei den unscheinbaren „Nebelflecken“ – schwach leuchtenden Objekte am Nachthimmel – nicht wie damals angenommen um Gaswolken in der Milchstraße handelt. Stattdessen blickte man auf ferne Galaxien aus Milliarden von Sternen. Der Kosmos ist also jenseits der Milchstraße alles andere als leer – und auf die Frage, warum es nachts dunkel ist, muss es folglich eine andere Antwort geben.
Zwar ist das Universum nicht – wie im ursprünglichen Argument von Kepler – gleichmäßig mit Sternen angefüllt. Vielmehr sammeln sich die Sterne in Galaxien und diese wiederum in Galaxienhaufen. Doch über große Distanzen gemittelt fällt die Verteilung der Materie im Kosmos gleichmäßig aus und das grundlegende Prinzip bleibt erhalten: Unser Blick in den Himmel trifft in einem unendlichen Universum stets irgendwann auf die Oberfläche eines Sterns. Allerdings ist der mittlere Weg von uns zu einem Stern ziemlich lang: etwa 10²³ oder hunderttausend Milliarden Milliarden Lichtjahre. Das Licht eines solchen Durchschnittssterns würde demnach 10²³ Jahre zu uns benötigen. Das Universum ist aber nach heutigen Erkenntnissen erst etwa 13,8 Milliarden Jahre alt. Wir überblicken also nur einen Bereich des Kosmos, der um das Zehnbillionenfache zu klein ist, um für einen hellen Nachthimmel zu sorgen.
Und auch in ferner Zukunft wird der Nachthimmel niemals taghell sein. Denn bis wir einen ausreichend großen Teil des Universums überblicken, wären längst alle Sterne im Weltall erloschen: Der nukleare Brennstoff reicht nur für vergleichsweise kurze Zeit.
Zusammengefasst: Es ist nachts dunkel, weil Licht sich mit endlicher Geschwindigkeit – der Lichtgeschwindigkeit – ausbreitet, unser Kosmos ein endliches Alter besitzt und auch langfristig insgesamt nicht genug Materie enthält, um das ganze Weltall zu erhellen.
Expansion und Dunkelheit
Streng genommen ist der Nachthimmel gar nicht dunkel – jedenfalls nicht in allen Spektralbereichen. Nahezu gleichmäßig aus allen Richtungen trifft eine schwache Strahlung auf die Erde, die ihr Maximum bei einer Wellenlänge von etwa einem Millimeter und damit im Mikrowellenbereich hat. Bei dieser kosmischen Hintergrundstrahlung handelt es sich um ein Überbleibsel aus der Frühzeit des Universums.
Rund 380 000 Jahre nach dem Urknall war die Temperatur im Universum auf etwa 3000 Grad Celsius abgesunken. Protonen und Elektronen konnten nun stabile Wasserstoffatome bilden. Damit wurde das Universum für elektromagnetische Strahlung durchsichtig – und die damals freigesetzten Lichtteilchen empfangen wir noch heute als Hintergrundstrahlung. Durch die Expansion des Weltalls ist die Strahlung allerdings von ihrer ursprünglichen Temperatur auf 2,7 Kelvin beziehungsweise minus 270 Grad Celsius abgekühlt und in ihrer Intensität auf ein Milliardstel abgeschwächt worden.
Anmerkung der Redaktion: Die erste Version dieses Artikels erschien 2008 auf Welt der Physik. Im Juni 2019 haben wir den Text überarbeitet und aktualisiert.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/dunkle-nacht/