Wie funktioniert eine optische Computermaus?

Dörte Saße

Mauslicht

Die ersten Computermäuse enthielten eine Kugel, deren Unterseite über den Tisch rollte. Währenddessen lasen mechanische Sensoren, kleine Rädchen am Rand der Kugel die Rollrichtung und die Wegstrecke ab. Moderne „Rechenmäuse“ hingegen arbeiten optisch und ohne bewegliche Teile – Staub und Krümel auf der Tischplatte stören sie nicht mehr. Nur bei hochglänzenden und glatten, einfarbigen Unterlagen haben manche Modelle Probleme. Die Lasermaus hingegen nutzt einfach andere Lichtfrequenzen und wird auch mit diesen Problemen fertig.

Detail-Ausschnitt der grauen Unterseite einer klassischen optischen Maus: In der Mitte zwischen diversen Logos und Sicherheitszeichen der Industrie sitzt ein dunkles Oval, in dessen Mitte eine kreisrunde, nach oben gewölbte Linse. Seitlich davon ein trapezförmiger, ebenfalls transparenter Ausschnitt, aus dessen Richtung rotes Licht leuchtet.

Unterseite einer klassischen optischen Maus

Optische Computermäuse sind Meister der digitalen Bildverarbeitung. Ihr Herzstück ist eine winzige, nach unten gerichtete Kamera, die mehr als 1500 Bilder pro Sekunde aufnimmt. Um den überstrichenen Untergrund gut zu erkennen, sendet eine Leuchtdiode Licht nach unten – charakteristischerweise rotes Licht, denn die roten LEDs waren zur Entwicklungszeit der optischen Mäuse die billigsten. Mittlerweile sind aber auch blau oder grün leuchtende Geräte auf dem Markt, meist „Designermäuse“. Manche leuchten sogar während der Nutzung abwechselnd in allen Regenbogenfarben.

Der Kamera ist die Lichtfarbe egal, denn sie sammelt Graustufenbilder. Sie besteht nur aus einer Linse, die das vom Untergrund zurückgeworfene Licht bündelt, und einem Bildsensor. Dieser CMOS-Sensor – ein Halbleiterbauelement mit oft nur 16 x 16 Bildpunkten – sitzt auf dem Chip direkt neben einem Rechnerblock: dem digitalen Signalprozessor (DSP), der den unablässigen Bilderstrom analysiert. Er sucht nach Strukturen in den Bildern. Dann kann er aus den Unterschieden zwischen aufeinanderfolgenden Aufnahmen die Geschwindigkeit und die Richtung berechnen, mit der sich die Maus soeben bewegt hat. Quasi in Echtzeit, nur um wenige Millisekunden verzögert, gelangt die Information zum zentralen Prozessor des angeschlossenen Computers – der nun anhand dieser Information den Mauspfeil auf dem Bildschirm passend bewegen kann.

Grobe Anfänge

Die ersten Prototypen der optischen Mäuse, Anfang der 1980er Jahre, nutzten wegen ihrer schwachen Rechenleistung noch spezielle Mousepads mit aufgedruckten Gitter- oder Punktmustern. Eine Variante arbeitete mit infraroten (IR) LEDs und Gitterlinien aus infrarot-absorbierender Farbe. Wann immer die Maus eine Linie überquerte, wurde die Reflexion unterbrochen. Damit konnten ein vierteiliger IR-Sensor und sein Rechenmodul die Bewegungsdaten errechnen (z.B. Kirsch, Mouse Systems Corp.). Andere Varianten verarbeiteten bereits sichtbares Licht und einen 16 Pixel großen optischen Sensor. Sie analysierten die Bewegung von Lichtpunkten auf speziellen Unterlagen mit dunklen Feldern (z.B. Lyon, Xerox Corp.).

Heute genügt dem optischen Erkennungssystem eine leichte Struktur der Unterlage, seien es Holzfasern, Metallriefen oder die feinen Oberflächennoppen von Kunststoff. Die ersten kommerziell erfolgreichen optischen Mäuse kamen 1999 auf den Markt. Erst bei Spiegelflächen oder hochglattem Material ohne Farbveränderung versagen sie, da die Oberfläche nicht mehr genug Strukturinformation liefert. Hier kommen heute Laser-Mäuse zum Einsatz (siehe unten).

Rechenoperationen

Der Kugelmaus genügten noch einfache Korrelationen zum Ermitteln der Bewegungsdaten: Je öfter sich das Sensorrädchen an der Kugel um die eigene Achse gedreht hatte, desto weiter war die Kugel und damit die Maus über die Oberfläche gerollt. Da zwei Rädchen senkrecht zueinander angeordnet waren, gelang dies für Bewegungen in beide Richtungen: links-rechts und vorwärts-rückwärts.

Auf schwarzem Hintergrund ist vorne der Kreis der Linse zu sehen, klares glänzendes Plastik über einem schwarzen Loch, von rotem Licht umrandet. Dahinter eine trapezförmige Struktur, von rotem Licht durchflutet, teils mit punktförmigen Einschlüssen im Kunststoff und gelblichem Licht an den Kanten.

Lichtquelle-Linse-Kombination

Die optische Maus hingegen greift bei der Berechnung auf den so genannten „optischen Fluss“ (optical flow) zurück, was weniger aufwändiges Rechnen, aber genauere Bildanalyse erfordert. Diese Verarbeitung der Bildinformationen kommt vermutlich auch im menschlichen Hirn zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe dürften Menschen (und andere Tiere) erkennen, dass sich der Säbelzahntiger über die Horizontlinie bewegt und größer wird. Dass der Tiger also vermutlich näher kommt, ist eine Frage der Bildinterpretation und Erfahrung. In der Technik dient die Methode des optischen Flusses auf jeden Fall Robotern, Einparkhilfen und anderen Maschinen und Systemen bei der Wahrnehmung ihrer Umgebung . Ebenso kommt sie bei der Objektverfolgung zum Tragen, in der optischen Messtechnik bei Bewegungsanalysen und bei den Algorithmen zur Videokompression.

Optischer Fluss beschreibt das Bewegungsmuster von Objekten, also von Oberflächen und Kantenlinien, in einer Bildfolge. Es handelt sich um ein zweidimensionales Vektorfeld, bei dem jeder Vektor die Bewegung eines Bildpunktes in x- und y-Richtung angibt, inklusive der Geschwindigkeit. Dabei ist es egal, ob sich die Objekte bewegen oder der Beobachter: Das Vektorfeld beschreibt das relative Bewegungsmuster der Objekte zum Beobachter in zwei Dimensionen. Und bildet damit die Grundlage, um die Bewegung in drei Dimensionen abzuschätzen – die Bewegung im Raum. Wird ein Objekt in der Bildabfolge immer größer, so die vorgegebene Annahme, so nähert sich entweder das Objekt dem Beobachter oder umgekehrt.

Damit die Computermaus die zweidimensionale Bewegung über die Tischplatte registrieren kann, muss ihre Recheneinheit die Graustufenmuster in den Sensorbildern auswerten. Die Analyse reagiert nicht auf die Verfärbung einzelner Bildpunkte mit der Zeit, sondern bezieht gleich die nähere Umgebung des Punktes mit ein: Zeigen benachbarte Punkte ähnliche Grauwerte? Lassen sich Linien bzw. Muster feststellen? Liegt ein Helligkeitsgradient vor? Die Bestimmung des optischen Flusses ist ein Schätzverfahren, das dann am genauesten arbeitet, wenn die Bewegung parallel zum Helligkeitsgradienten verläuft - also senkrecht zu markanten hellen oder dunklen Linien. Bei Untergründen ohne Muster muss das Verfahren daher versagen: Auf einer glatt lackierten Tischplatte funktioniert die herkömmliche optische Maus nicht.

Genauigkeit

Auf schwarzem Hintergrund ist vorne der Kreis der Linse zu sehen, klares glänzendes Plastik über einem schwarzen Loch, von rotem Licht umrandet. Daneben eine trapezförmige Struktur, von rotem Licht durchflutet, teils mit gelblichem Licht an den Kanten.

Nahaufnahme der Lichtquelle-Linse-Kombination

Entscheidend für die Genauigkeit der Maus, mit der sie die Bewegung der Hand auf das Geschehen auf dem Bildschirm überträgt, sind folgende Faktoren:

  • Die Größe des Bildsensors, zurzeit zwischen 16 x 16 bis 30 x 30 Bildpunkten (Pixeln), von denen jeder 64 Graustufen unterscheidet. Je größer der Sensor ist, desto mehr Bildinformation kann das System wahrnehmen.
  • Das Auflösungsvermögen des Bildsensors (meist angegeben in Bildpunkten pro Zoll, dots per inch, dpi). Je höher es liegt, desto empfindlicher reagiert das System auf Bewegung. Die meisten aktuellen optischen Mäuse bieten zwischen 400 und 800 dpi, einige „Gamer-Mäuse“ für Computerspiele erreichen bis zu 1600 dpi (das sind dann beachtliche 630 Bildpunkte pro Zentimeter).
  • Die Wiederholrate (refresh rate), die Anzahl der Bilder pro Sekunde, die der Sensor an die Recheneinheit schickt. Höher ist besser, aktuelle Systeme bieten 1500 bis 6000 Aufnahmen pro Sekunde.
  • Die daraus folgende Bildverarbeitungsfrequenz, die Verknüpfung von Wiederholrate und Sensorgröße gibt die Anzahl der Bildpunkte an, die das System pro Zeiteinheit verarbeitet. Zurzeit liegt der Wert zwischen etwa 0,5 und 6 Megapixeln pro Sekunde. Zum Vergleich: Ein Fernsehsignal hat einen Datenstrom von etwa 10 Megapixeln pro Sekunde.
  • Maximalgeschwindigkeit, die sich ebenfalls aus dem Tempo der Datenaufnahme ergibt: die schnellste Mausbewegung, bei der noch eine korrekte Ortsverfolgung möglich ist. Je höher, desto besser, aktuelle Werte liegen zwischen 16 und 40 Zoll pro Sekunde (ca. 40 bis 100 Zentimeter pro Sekunde)

Voraussetzung für die optimale Nutzung dieser Informationen ist natürlich eine Recheneinheit, die die Daten schnell genug verarbeiten kann – und ein ausreichend schneller Übertragungskanal zum Hauptcomputer. Hier lag anfangs ein Flaschenhals für optische Mäuse, die nicht per Kabel, sondern per Funk- oder Infrarotsignal angebunden waren. Diese Engstelle ist dank verbesserter Technik inzwischen behoben.

Lesen Sie mehr über Lasermäuse im zweiten Teil unseres Artikels.

Literatur zur optischen Maus

Grundlage für die Berechnung des optischen Flusses mit differenziellen Methoden ist ein 1981 am Massachussetts Institute of Technology (MIT) entwickeltes Verfahren:

„Determining optical flow“, Berthold K. P. Horn & Brian G. Schunck; Artificial Intelligence, 17, no. 1-3, S. 185-203, 1981.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/optische-computermaus/