Was ist das Ozonloch?
Lena Brey
Wissenschaftliche Messungen belegen die Abnahme von stratosphärischem Ozon in unserer Atmosphäre. Bereits 1974 warnten die Wissenschaftler Marion José Molina und Frank Sherwood Rowland vor einer Reihe industriell hergestellter Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKWs), die in der Lage sind, die stratosphärische Ozonschicht empfindlich zu schädigen. Für diese Entdeckung erhielten sie den Nobelpreis für Chemie (1995), zusammen mit Paul Crutzen, der aufklärte, welche Rolle die polaren Stratosphärenwolken (Polar Stratospheric Clouds, PSCs) beim Ozonabbau spielen. Ernsthafte internationale Verhandlungen zur Frage der Emissionsbegrenzung wurden aber erst nach der schockierenden Entdeckung im Jahr 1985 aufgenommen, als ein Forscherteam um den Engländer Joseph Farman eine drastische und fortschreitende Abnahme der Ozonschicht von bis zu 60 Prozent über der Antarktis dokumentierte. Dieses Phänomen ist als Ozonloch bekannt.
Auch in arktischen Polarregionen wird im Frühjahr ein starker chemischer Ozonabbau beobachtet. Die Ozonverluste betragen dort typischerweise 20-25 Prozent, können zeitweise aber auch auf bis zu 60 Prozent steigen, wenn extrem niedrige stratosphärische Temperaturen herrschen. Geringere, aber durchaus signifikante stratosphärische Ozonausdünnungen werden heute über zahlreichen anderen, auch stärker besiedelten Gebieten der Erde beobachtet.
Der fehlende Schutzschirm
Durch die lokale Abnahme an stratosphärischem Ozon kommt es zu einem selektiven Anstieg an schädlicher UV-B-Strahlung. Eine Abnahme der stratosphärischen Ozonkonzentration um 10 Prozent erhöht beispielsweise die Bestrahlungsstärke bei 297 nm (also in der Mitte des UV-B-Bereichs) schon um 50 Prozent. Über dem Südpol lag die UV-B-Zunahme zu Beginn der 1990er Jahre gegenüber 1979 bei 140 Prozent, in Deutschland hat die Strahlung im selben Zeitraum um 7 Prozent zugenommen. Wenn es auch in den nächsten Jahrzehnten zu einem durchschnittlichen Ozon-Verlust von 10 Prozent pro Jahrzehnt kommt, wie er in mittleren und höheren Breiten in den letzten 10 Jahren beobachtet wurde, muss man weltweit mit zusätzlichen 250.000 Fällen pro Jahr von Hautkrebs rechnen.
Wissenschaftliche Studien über zwei Jahrzehnte belegen, dass die Zerstörung der Ozonmoleküle in der Stratosphäre hauptsächlich durch den Ausstoß industriell erzeugter Halogenkohlenwasserstoffe verursacht wird. So wurden die bekanntesten dieser Substanzen, die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) beispielsweise als Kühlmittel in Kühlschränken und Klimaanlagen oder als Treibgase in Sprühdosen verwendet. Aufgrund ihrer Reaktionsträgheit galten sie lange Zeit als ungefährliche Substanzen. Tatsächlich stellen die FCKWs in der Troposphäre keine Bedrohung dar, können aber aufgrund ihrer extremen Langlebigkeit langsam in die darüber liegende Stratosphäre gelangen. In der Stratosphäre kommt es dann durch die höhere Intensität an energiereicher UV-Strahlung zu einer Spaltung der FCKW-Moleküle. Das auf diesem Weg freigesetzte Chlor wirkt dann als Katalysator bei der Zerstörung der Ozonmoleküle.
Zum Schutz der Ozonschicht wurde 1987 das Montreal-Protokoll verabschiedet, ein internationales Abkommen, das 1989 in Kraft trat und mit dem sich die Unterzeichnerstaaten zu einer stufenweisen Reduzierung und schließlich zur vollständigen Abschaffung der Emission von chlor- und bromhaltigen Chemikalien, die stratosphärisches Ozon zerstören, verpflichten. Kritisch anzumerken ist allerdings, dass es immer noch viele Länder gibt, die die Vereinbarungen von Montreal und die fünf erfolgten Änderungsprotokolle bis heute nicht unterschrieben oder ratifiziert haben. Auch heute, 20 Jahre nach dem historischen Verbot, wurden erst ein Drittel der FCKWs durch andere Stoffe ersetzt. Infolge verschiedener Ausnahmeregelungen dürfen FCKWs noch bis zum Jahr 2040 eingesetzt werden.
Da Transport und Verbreitung dieser langlebigen chemischen Verbindungen in der Stratosphäre sehr langsam erfolgen, stammt das derzeitige Chlor in der Stratosphäre aus Emissionen der vergangenen vier bis sieben Jahre. Wegen der außerordentlichen Stabilität der FCKWs gehen einige Wissenschaftler von einer fortschreitenden Ozonausdünnung bis 2020 aus. Andere Forscher erwarten infolge des verringerten Chlorgehalts aufgrund des Montrealer Protokolls eine Erholung der Ozonschicht schon in den nächsten Jahrzehnten. Beobachtungen scheinen bereits jetzt auf eine langsame Zunahme der stratosphärischen Ozonkonzentration hinzudeuten. Allerdings lässt sich zumindest für die Arktis nicht bestätigen, dass diese Erholung tatsächlich auf die Emissionsbeschränkungen des Montreal-Protokolls zurückzuführen ist. Natürliche Schwankungen, wie veränderte dynamische Prozesse in der Atmosphäre, Sonnenvariabilität im 11-Jahreszyklus und große Vulkanausbrüche, tragen ebenfalls zu Änderungen im Ozongehalt bei.
Ersetzt werden die Ozon abbauenden Stoffe zunehmend durch Fluorkohlenwasserstoffe (FKWs). Diese FKWs schützen zwar die Ozonschicht, sind aber nicht klimafreundlich. Sie tragen, je nach ihrem Aufbau, pro eingebrachte Menge Gas 100 bis 15.000 Mal stärker zur Erderwärmung bei als das bedeutendste Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Die zunehmende Erwärmung der Troposphäre führt gleichzeitig zu einer Temperaturabnahme in der Stratosphäre, was wiederum den chemischen Ozonabbau beschleunigt. FKWs gehören daher neben Lachgas, Methan und natürlich Kohlendioxid zu den Emissionen, die im Rahmen des Kyoto-Protokolls zum Klimaschutz kontrolliert werden sollen.
Da viele Prozesse, wie beispielsweise der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Ozonausdünnung, noch weitgehend unverstanden sind, ist es für die Wissenschaftler schwierig, zuverlässige Zukunftsprognosen zum Ozonabbau bzw. -aufbau abzugeben.
Troposphärisches Ozon
Ozon kommt nicht nur in der Stratosphäre, sondern in geringeren Konzentrationen auch in der unteren Atmosphäre – der sogenannten Troposphäre – vor, die vom Erdboden bis in rund 10 km Höhe reicht. In Bodennähe entstehen Ozonmoleküle durch die Reaktion von Stickoxiden und organischen Schadstoffen aus Auto- und Industrieabgasen.
Obwohl das Ozon am Boden, genau wie das stratosphärische Ozon, die ultraviolette Strahlung absorbiert, sind die Auswirkungen auf die Umwelt sehr unterschiedlich. Ozon reagiert stark mit anderen Molekülen und entfaltet daher in Bodennähe im direkten Kontakt mit Lebewesen seine toxische Wirkung. Als starkes Oxidationsmittel kann es bei Menschen und Tieren unter anderem Reizungen der Atemwege hervorrufen. Studien belegen die negative Auswirkungen von Ozon nicht nur auf die menschliche Gesundheit, sondern auch auf die Produktion von Getreide und das Wachstum des Waldes. Bodennahes Ozon ist eine Hauptkomponente von sog. „photochemischem Smog“, der mittlerweile ein weit verbreitetes Problem in vielen Städten dieser Welt ist. Aber auch in ländlichen Gegenden wird heutzutage eine beunruhigende Zunahme an troposphärischem Ozon beobachtet.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/ozonloch/