Physik des Induktionsherdes
Redaktion
Kocht man auf einem Induktionsherd, macht man sich neben der elektromagnetischen Induktion noch einige weitere physikalische Effekte zunutze.
1831 entdeckte der Wissenschaftler Michael Faraday, dass ein veränderliches Magnetfeld einen Strom erzeugt. Diese elektromagnetische Induktion ermöglichte viele Jahre später Elektromotoren, Generatoren und letztlich auch Induktionsherde. Anders als bei anderen Herdtypen entsteht die Wärme bei den neuen Herden nicht unterhalb des Kochgeschirrs, sondern direkt im Topf- oder Pfannenboden.
Möglich wird das durch eine eng gewickelte, scheibenförmige Kupferspule unter dem Kochfeld, durch die ein Wechselstrom mit einer Frequenz von 20 000 bis 100 000 Hertz fließt. Bereits einige Jahre vor Faraday hatte sein Kollege André-Marie Ampère herausgefunden, dass ein zeitlich variierender Stromfluss ein Magnetfeld um eine Spule herum erzeugt. Die Richtung dieses Feldes ändert sich dabei im gleichen Takt wie das Vorzeichen des Stroms, beim Induktionsherd also zwischen 20 000- und 100 000-mal pro Sekunde.
Laut Faraday induziert ein solches magnetisches Wechselfeld wiederum eine elektrische Spannung – in der Spule selbst, aber auch in deren Umgebung. Anders als bei gewöhnlichen Spannungsquellen, bei denen die elektrischen Feldlinien zwischen negativen und positiven Ladungen verlaufen, sind die elektrischen Feldlinien hierbei allerdings in sich geschlossen. Steht ein Topf oder eine Pfanne aus einem leitenden Material auf dem Kochfeld, wird dessen Boden ebenfalls von den Feldlinien durchdrungen und so eine Kraft auf die freien Elektronen darin ausgeübt: Es bilden sich sogenannte Wirbelströme aus.
Verschiedene Wärmequellen
Diese ringförmigen Induktionsströme fließen nicht verlustfrei im Topfboden – ein Teil der elektrischen Energie wird in thermische Energie umgewandelt und der Topfboden erwärmt sich. Der elektrische Widerstand variiert von Material zu Material: Edelstahl leitet beispielsweise deutlich schlechter als Kupfer oder Aluminium, entsprechend ist die freigesetzte Wärme bei Edelstahl auch höher. Gesteigert wird die Wärmeleistung beim Induktionskochen durch einen weiteren Effekt.
Der Physiker Emil Lenz stellte 1833 fest, dass die induzierten Wirbelströme ihrerseits ein Magnetfeld erzeugen, das der Ursache ihrer Entstehung entgegenwirkt. Im Fall des Induktionsherdes wirkt dieses Feld also dem schnell variierenden Magnetfeld der Spule entgegen, das dadurch in die untere Schicht des Topf- oder Pfannenbodens verdrängt wird. Infolgedessen können die Wirbelströme im Kochgeschirr nur in einer wenige Millimeter dicken Schicht fließen.
Durch diesen sogenannten Skineffekt verkleinert sich die effektive Leiterfläche im Topfboden, weshalb sich scheinbar der elektrische Widerstand und somit auch die Wärmeleistung erhöht. Die Eindringtiefe des primären Feldes hängt dabei sowohl von der Frequenz des Wechselstroms als auch vom Topfmaterial ab. So dringt das Feld beispielsweise tiefer in Aluminium oder Kupfer ein als in Edelstahl. Töpfe aus Aluminium oder Kupfer eignen sich deshalb weniger für einen Induktionsherd.
In ferromagnetischem Kochgeschirr gibt es neben den Wirbelströmen noch eine weitere Wärmequelle: In diesen Materialien liegen mikroskopisch kleine Bereiche vor, in denen die magnetischen Momente der Atome parallel ausgerichtet sind – ähnlich winzigen Kompassnadeln, die alle in dieselbe Richtung weisen. Benachbarte Weiss-Bezirke, wie diese geordneten Bereiche heißen, sind ohne ein äußeres Magnetfeld zufällig orientiert und der gesamte Körper erscheint unmagnetisch. Sobald allerdings ein äußeres Feld anliegt – wie etwa das hochfrequente Wechselfeld beim Induktionsherd –, richten sich alle magnetischen Momente einheitlich danach aus.
Durch das wiederholte Ummagnetisieren, also das schnelle Hin- und Herklappen der magnetischen Momente im Topfboden, wird ebenfalls Energie in Wärme umgewandelt – geht also verloren. Wie groß diese sogenannten Hystereseverluste ausfallen, hängt wieder vom Material des Kochgeschirrs sowie von der Frequenz des Wechselfeldes ab. Im Fall von handelsüblichen Herden und einem ferromagnetischen Standardtopf entsteht beispielsweise rund dreißig Prozent der Wärmeleistung durch die Ummagnetisierung. „Doch es gibt viele Töpfe aus verschiedenen Materialien in komplexen Geometrien – etwa aus mehreren Schichten oder mit Aluminiumkern – und hier fallen die Hystereseverluste sehr niedrig aus“, erklärt Sergio Llorente aus dem Entwicklungszentrum der BSH Hausgeräte GmbH in Zaragoza, Spanien. In einigen Materialien sind die Hystereseverluste sogar vernachlässigbar. „Tatsächlich lässt sich nur eine Spanne zwischen null und dreißig Prozent angeben, es hängt von den Materialien ab.“
Energie sparen
Die im Topfboden erzeugte Wärme wird zum einen durch die freien Elektronen sowie durch Gitterschwingungen der Atome im Metall übertragen und zum Kochgut transportiert. Um die Wärmeleitfähigkeit von der erhitzten unteren Randschicht des Topfes nach oben zu erhöhen, lässt sich beispielsweise ein Kern aus Aluminium einsetzen, der die Wärme besser leitet als Edelstahl. Das Kochfeld besteht beim Induktionsherd dagegen aus einer Glaskeramik wie Ceran, die Wärme sehr schlecht leitet und sich damit nur geringfügig aufheizt.
Energiesparender als Elektroherde sind Induktionsherde vor allem beim Aufheizen: Ein Liter Wasser kocht hier beispielsweise rund doppelt so schnell wie bei Halogenkochfeld oder Elektroherd. Die Effizienz beträgt beim Induktionsherd rund achtzig Prozent, so Llorente. Bei konventionellen Herden liegt sie dagegen nur bei etwa sechzig Prozent. Danach gleicht sich der Energieverbrauch allerdings an: Nach mehr als einer Kochstunde weisen beide Herde eine Effizienz von etwa neunzig Prozent auf.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/physik-des-induktionsherdes/