Wie schwer ist Schnee?

Rainer Kayser

Eiskristall

Schnee scheint luftig und leicht zu sein – und doch kann Schnee in größeren Mengen sogar Hochspannungsmasten knicken und Hallendächer zum Einsturz bringen. Tatsächlich kann das Gewicht von Schnee je nach Alter und Beschaffenheit ganz erheblich schwanken.

Federleicht schweben Schneeflocken zur Erde. Doch es gibt kleine und große Schneeflocken, trockene und feuchte – und entsprechend unterschiedlich kann das Gewicht von frisch gefallenem Neuschnee sein. Während trockener Pulverschnee gerade einmal eine Masse von 30 bis 50 Kilogramm pro Kubikmeter auf die Waage bringt, kann feuchter Neuschnee bis zu 200 Kilogramm pro Kubikmeter schwer sein. Am Boden verdichtet sich der Schnee dann und kann – je nach Alter und Witterungsbedingungen – eine Masse von bis 500 Kilogramm pro Kubikmeter erreichen.

Prismen, Plättchen, Sterne

Filigran verzweigt und an den Kanten im Licht glitzernd ist ein Eiskristall vor dunklem Hintergrund zu sehen.

Keine Flocke gleicht der anderen

Schneeflocken entstehen, wenn sich in Wolken bei Temperaturen unter null Grad Celsius feine Eiskristalle an Kristallisationskeimen – im Allgemeinen Staubteilchen – bilden. Anfangs sind die Kristalle nur etwa ein zehntel Millimeter groß. Durch die Anlagerung weiterer Wassermoleküle wachsen die Eiskristalle an. Die typischen sechsstrahligen oder sechseckigen Strukturen bilden sich durch die Form der Wassermoleküle, die nur Anlagerungswinkel von 60 und 120 Grad erlaubt. Bei tiefen Temperaturen entstehen vor allem „Plättchen“ und „Prismen“, während höhere Temperaturen die Bildung von sternförmigen Strukturen fördern. Mehrere solcher Kristallstrukturen können sich ineinander verhaken oder aneinander festfrieren und so bis zu zentimetergroße Schneeflocken bilden. Bei Temperaturen um null Grad Celsius können die Kristalle auch durch Wassertropfen aneinander gebunden werden, dann entstehen besonders feuchte und schwere Flocken.

Ob der Schnee als feiner, trockener Pulverschnee zu Boden fällt oder als großflockiger, nasser Schnee, hängt also von der Temperatur in der Wolke, in der Luft und am Erdboden ab, aber auch zum Beispiel von den Windverhältnissen.

Metamorphose

Schneeart

Dichte \( \left[\frac{\textrm{kg}}{\rm m^3}\right]\)

trockener Pulverschnee

30–50

normaler Neuschnee

50–100

feuchter Neuschnee

100–200

trockener Altschnee

200–400

feuchter Altschnee

300–500

Firn

500–800

Liegt der Schnee erst einmal am Boden, so beginnt er sich sofort zu verändern. Denn die Eiskristalle haben das Bestreben, eine Form mit möglichst kleiner Oberfläche einzunehmen. Dabei verschwinden langsam die feinen Verästelungen der Schneeflocken, Spitzen und Vertiefungen gleichen sich aus. Dadurch nimmt das Volumen des Schnees ab, somit also seine Dichte zu. Je höher die Temperatur, desto schneller verläuft diese Metamorphose. Bei Temperaturen um null Grad Celsius spielen Schmelzvorgänge eine entscheidende Rolle bei der Umwandlung des Schnees. Die Poren im Schnee füllen sich dabei mit Wasser und machen den Schnee noch schwerer. Friert das Wasser dann bei sinkenden Temperaturen wieder, so verharscht der Schnee: Es bildet sich eine feste Kruste an der Oberfläche. Wiederholte Tau- und Schmelzvorgänge sorgen für eine stetige Verdichtung des Schnees. Mehrjähriger Altschnee („Firn“) kann so Dichten von bis zu 800 Kilogramm pro Kubikmeter erreichen.

Die Untersuchung der Schneemetamorphose spielt eine wichtige Rolle bei der Erforschung der Lawinenbildung und beim Lawinenschutz.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/schneelast/