Beeinflusst die Sonne das irdische Klima?
Die Strahlung der Sonne erwärmt die Luft und lässt Wasser verdunsten – und treibt so das Wettergeschehen auf der Erde an. Doch die Sonne leuchtet nicht immer gleich: In einem im Mittel elfjährigen Rhythmus überziehen dunkle, kühle Flecken das Antlitz unseres Zentralgestirns. Und diesem Zyklus sind weitere, längerfristige Änderungen der Sonnenaktivität überlagert. Ändert sich mit der Zahl der dunklen Sonnenflecken auch die Gesamtstrahlung der Sonne? Und beeinflussen solche Variationen vielleicht auch das irdische Klima?
Dass die Stärke der Sonneneinstrahlung auf die Erde das Klima beeinflusst, ist heute unter Forschern allgemein akzeptiert. Doch dieser Einfluss geht nicht auf Änderungen der Sonne selbst, sondern auf die Bewegung der Erde zurück. Wie der serbische Astrophysiker Milutin Milankovic 1920 aufzeigte, führen die Präzession der Erdachse, Änderungen des Neigungswinkels der Erdachse und Variationen der Exzentrizität der Erdbahn zu periodischen oder beinahe periodischen Schwankungen der Sonneneinstrahlung auf die Erde, die sich im langfristigen Klimaverlauf, insbesondere in den Eiszeiten, widerspiegeln. Aus paläoklimatologischen Untersuchungen sind jedoch auch Klimaperioden bekannt, die sich nicht mit diesen astronomischen Zyklen decken. Die Variationen der Erdbewegung sind also offenbar nur ein Faktor von vielen, die auf das Klima einwirken – hinzu kommen unter anderem Vulkanismus und Kontinentalverschiebung.
Mehr Flecken, mehr Strahlung
Und wie sieht es nun mit Änderungen der Sonne selbst aus? Tatsächlich ändert sich mit der Aktivität auch der Energie-Ausstoß der Sonne - allerdings anders, als man zunächst vielleicht vermuten würde: Mehr Sonnenflecken auf der Oberfläche unseres Zentralgestirns führen nicht zu einer Verringerung, sondern im Gegenteil zu einer Erhöhung der Gesamtstrahlung der Sonne. Denn bei starker Sonnenaktivität gibt es nicht nur mehr dunkle Flecken, sondern zugleich auch mehr helle Fackelgebiete. Insgesamt leuchtet die Sonne im Aktivitätsmaximum um etwa 0,1 Prozent heller als im Aktivitätsminimum. Statistische Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese Änderungen der Sonnenstrahlung auf der Erde zu globalen Temperaturschwankungen im Bereich von 0,1 bis 0,2 Grad führen. Diese Schwankung ist allerdings so gering, dass sie nur sehr schwer zu erfassen ist und keine langfristige Klimaänderung und keinen Einfluss auf die Witterung bewirkt.
Doch die Aktivität der Sonne ist auch längerfristigen Schwankungen unterworfen. So zeigen historische Daten, dass in der Zeit von 1645 bis 1715 der Fleckenzyklus völlig zum Stillstand gekommen ist. In der gesamten Zeit blieb das Antlitz der Sonne nahezu fleckenfrei. Dieses so genannte Maunder-Minimum fällt genau in die kälteste Phase der „Kleinen Eiszeit“, einer insgesamt von 1450 bis 1850 dauernden Schlechtwetterperiode mit kühlen, verregneten Sommern und extrem kalten Wintern, in denen mitunter sogar die Ostsee zugefroren war. Welche Rolle die längerfristig verminderte Sonnenaktivität für die Kleine Eiszeit gespielt hat, ist unter den Klimaforschern umstritten. Denkbar ist beispielsweise, dass eine global zwar geringe Verringerung der Durchschnittstemperatur durch eine Änderung der Windströmungen in der Hochatmosphäre zu einer besonders starken Abkühlung auf der Nordhalbkugel geführt hat. Es gibt andererseits aber auch Hinweise auf überdurchschnittlich viele Vulkanausbrüche in dieser Zeit – möglicherweise waren hier also zwei Effekte am Werk, deren Klimawirksamkeit sich gegenseitig verstärkt hat.
Könnte auch die gegenwärtige globale Erwärmung – zumindest teilweise – durch die Sonne verursacht sein? Die Sonnenflecken-Daten deuten darauf hin, dass die Aktivität unseres Zentralgestirns sich in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts gesteigert hat - im Einklang mit einem in dieser Zeit beobachteten Temperaturanstieg. Danach blieb die Sonnenaktivität allerdings nahezu konstant, während der Temperaturanstieg sich eher noch beschleunigt hat. Seit den 1970er Jahren messen Satelliten die Sonnenstrahlung mit hoher Genauigkeit – und konnten keinen Anstieg mehr feststellen. Doch die globale Temperatur steigt seitdem weiterhin um etwa 0,2 Grad pro Jahrzehnt an. Die große Mehrheit der Klimaforscher ist sich deshalb darin einig, dass der gegenwärtige Temperaturanstieg nicht durch die Sonne, sondern durch die von den Menschen produzierten Treibhausgase verursacht ist.
Kosmische Strahlung und Wolken
Die Änderung der Sonnenstrahlung ist zu gering, um unmittelbar über die Erwärmung das irdische Klima zu beeinflussen. Eine wichtige Rolle könnte die ultraviolette Strahlung spielen, die im Aktivitätsmaximum stärker anwächst als die Gesamtstrahlung. Die UV-Strahlung führt insbesondere zu einer Aufheizung der Hochatmosphäre und beeinflusst darüber möglicherweise die globalen Windsysteme.
Einige Forscher vermuten aber auch, dass die Wechselwirkung zwischen Sonnenaktivität und kosmischer Strahlung die eigentliche Ursache für Klimaänderungen sein könnte. Die kosmische Strahlung besteht aus hochenergetischen Teilchen, die von außen in das Sonnensystem eindringen. Dringen die Teilchen in die Erdatmosphäre ein, so führen sie zur Bildung von Ionen, die wiederum als Kondensationskeime für Wassertröpfchen dienen können und so die Wolkenproduktion anregen. Die kosmische Strahlung könnte also, so die Überlegung, den Bewölkungsgrad und damit das Klima beeinflussen. Eine starke Sonnenaktivität schwächt nun über den Sonnenwind die auf die Erde auftreffende kosmische Strahlung ab. In der Folge würde es nach diesen Vorstellungen weniger Wolken geben und damit mehr solare Einstrahlung, also eine Erwärmung der Atmosphäre. Versuche, mit Satellitenmessungen eine Korrelation von einfallender kosmischer Strahlung und Wolkenbildung nachzuweisen, lieferten bislang jedoch keine eindeutigen Ergebnisse.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/sonne-und-klima/