Was war der Stern von Bethlehem?

Rainer Kayser

Illustration. Heller Stern am Himmel, im Vordergrund drei Reiter auf Kamelen.

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Es gibt viele Versuche, den Stern von Bethlehem mit natürlichen Himmelserscheinungen zu erklären. War es ein Komet? Oder vielleicht eine Supernova, also ein explodierender Stern? Viele Forscher halten heute eine mehrfache Begegnung von zwei hellen Planeten am Himmel für die wahrscheinlichste Erklärung.

„Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.“ So steht es im Matthäusevangelium geschrieben. Ein Stern kündete demnach von der Geburt eines neuen Königs in Judäa – und zeigte den Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe Jesu Christi.

Schon im frühen Christentum suchten die Menschen nach einer Erklärung für den Stern von Bethlehem. So vertrat der Kirchenschriftsteller und Theologe Origenes (185–254) im dritten Jahrhundert die Ansicht, es habe sich um einen Kometen gehandelt. Diese Vorstellung ist bis heute populär geblieben und hat sich vor allem im Volksglauben erhalten – auf Bildern wird der Weihnachtsstern zumeist mit einem Schweif dargestellt. Doch es gibt außerhalb der Bibel keine einzige Quelle, die von einem großen Kometen in den Jahren um Christi Geburt berichtet. Ein auffälliger Schweifstern wäre den damaligen Astronomen aber wohl kaum entgangen. Zudem galten Kometen historisch eher als Boten des Unheils und nicht als Überbringer froher Botschaften.

Zu sehen ist die Anbetung des Jesuskinds durch die Heiligen Drei Könige. Jesus, Maria und Joseph befinden sich unter einer Überdachung. Oberhalb des Dachs ist ein kometenähnliches Objekt zu erkennen.

Stern von Bethlehem

Anfang des 17. Jahrhunderts lieferte Johannes Kepler eine alternative Erklärung. Der deutsche Mathematiker und Astronom hatte 1604 eine neue Lichtquelle am Nachthimmel entdeckt. Heute wissen wir, dass es sich dabei um eine Supernova – eine Sternexplosion – gehandelt hat. Doch Kepler vermutete damals, dass ein neuer Stern entstanden war. Als Ursache machte er das scheinbare Zusammentreffen von Jupiter und Saturn am Himmel aus, das unweit des neuen Sterns stattfand. Diese sogenannte Planetenkonjunktion könnte auch bei der Geburt von Jesus Christus einen neuen Stern hervorgebracht haben, so seine Hypothese.

Und tatsächlich hat es zu der fraglichen Zeit eine Begegnung zwischen Jupiter und Saturn gegeben: Im Jahr 7 v. Chr. zogen die beiden Planeten von der Erde aus betrachtet gleich dreimal nahe aneinander vorüber – eine ungewöhnliche und seltene Himmelserscheinung. In der babylonischen Astrologie stand Jupiter für den höchsten Gott und Saturn für den König von Israel. Da erscheint es durchaus möglich, dass die damaligen Sterndeuter in dem Ereignis die Ankündigung der Geburt eines mächtigen Königs der Juden sahen.

Diese Erklärung wird von vielen Forschern als die wahrscheinlichste angesehen. Doch auch sie hat ihre Schwächen. So kamen sich Jupiter und Saturn nach heutigen Berechnungen am Himmel niemals so nahe, dass sie nicht noch mit bloßem Auge als zwei getrennte Gestirne zu erkennen gewesen wären. In der Bibel ist aber stets nur von einem Stern die Rede. Zudem gab es in der fraglichen Zeit noch eine weitere auffällige Konjunktion: In den Jahren 3 und 2 v. Chr. begegneten sich Venus und Jupiter am Himmel. Das zweite Zusammentreffen war sogar so eng, dass beide Planeten für einen Betrachter auf der Erde zu einem Gestirn – möglicherweise dem Weihnachtsstern – verschmolzen.

Und schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass es sich bei dem Stern von Bethlehem lediglich um ein symbolisches Motiv handelt, ohne realen Hintergrund. Im vierten Buch Mose steht die Weissagung: Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen über die Ankunft des Messias als Retter Israels. Für den Evangelisten Matthäus sind Rückbezüge auf biblische Verheißungen durchaus typisch. Es kann also sein, dass er den Stern von Bethlehem als Symbol für den wahren Retter Israels verwendet hat und nicht als Beschreibung eines wahren Naturphänomens.

Anmerkung der Redaktion: Die erste Version dieses Artikels erschien 2008 auf Welt der Physik. Im Dezember 2018 haben wir den Text überarbeitet und aktualisiert.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/stern-von-bethlehem/