Wie entsteht Nebel?
Sven Titz
Herbstzeit ist Nebelzeit. Das Phänomen, das uns manchmal die Sicht nimmt, kann aber zu allen Jahreszeiten auftreten. Damit der Wasserdampf in der Luft zu Tröpfchen kondensiert, muss sich die Luft abkühlen oder die Feuchte zunehmen.
Nebel ist im Prinzip nichts anderes als eine Wolke an der Erdoberfläche: In der Luft schweben unzählige Wassertröpfchen und reflektieren das Licht. Dadurch „vernebeln“ sie uns die Sicht. Zwar sieht Nebel immer gleich aus, doch er kann auf unterschiedliche Weise entstehen. In jedem Fall muss die relative Luftfeuchte – das Verhältnis zwischen aktuellem und maximal möglichem Wasserdampfgehalt – hundert Prozent erreichen, sodass der Wasserdampf verstärkt kondensiert.
Im Herbst und Winter sind die Nächte länger als die Tage, sodass sich die Luft lange abkühlen kann. Dabei steigt dann die relative Luftfeuchte, denn kalte Luft kann weniger Wasserdampf aufnehmen als warme. Wenn die Luft nachts eine charakteristische Temperatur erreicht – Taupunkt genannt –, beginnt der Wasserdampf zu kondensieren. Prompt ist der Nebel da. Auch wenn die Temperatur aus anderen Gründen sinkt, kann sich Nebel bilden. Nach einem Hagelgewitter im Sommer dauert es beispielsweise eine Weile, bis die Eiskörner geschmolzen sind. So lange liegen sie auf dem Boden und kühlen die feuchte Umgebungsluft ab. Dabei lassen sie oft flache Nebelschwaden entstehen.
Eine Spezialform des Abkühlungsnebels ist mit dem Wind verknüpft. Bringt Wind feuchte Luft über eine kältere Oberfläche, kann sogenannter Advektionsnebel auftreten. Beobachten lässt sich das Phänomen beispielsweise im Herbst an der deutschen Nord- oder Ostseeküste, wenn der Wind vom Meer gen Küste weht und sich die Landfläche zuvor stark abgekühlt hat. Der umgekehrte Fall tritt an der Pazifikküste von Peru und Chile auf. Dort strömt warme Luft vom Kontinent oft über das kalte Wasser des Humboldtstroms. In den Bergen tritt eine weitere Spezialform des Abkühlungsnebels auf: Gleitet feuchte Luft an einer Bergflanke in die Höhe, sinken Luftdruck und Temperatur. Sobald es zur Kondensation kommt, entsteht Hebungsnebel.
Verdunstet Wasser aus einem See oder einem Fluss in kalte Luft hinein, kann sich ebenfalls Nebel bilden. Dieses für den Herbst typische Phänomen bezeichnet man als Seerauch. Verdunstungsnebel ist aber auch im Sommer zu beobachten, zum Beispiel über dem Belag einer noch warmen Straße, die ein kurzer Regenschauer angefeuchtet hat. Darüber hinaus können Wetterfronten diese Art von Nebel auslösen: Fällt an einer Warmfront beispielsweise Regen in eine bodennahe Luftmasse, die noch kalt ist, bilden sich durch Verdunstung des Regenwassers oft charakteristische Nebelschwaden.
Eine weitere Nebelform entsteht, wenn sich zwei feuchte Luftmassen vermischen. Die maximale Menge an Wasserdampf, die Luft aufnehmen kann, nimmt ungefähr exponentiell mit der Temperatur zu. Angenommen die beiden aufeinandertreffenden Luftmassen hätten eine Temperatur von 10 und 20 Grad Celsius und die relative Feuchte läge jeweils unter hundert Prozent, dann würde noch kein Nebel herrschen. Sobald sich die Luftmassen allerdings vermengen, bildet sich Nebel. Denn für die Temperatur der gemischten Luft – nämlich 15 Grad Celsius – ist die maximale Aufnahmekapazität an Wasserdampf erschöpft. Die Luft ist gesättigt oder sogar übersättigt und es kommt zur Kondensation.
Im kleinen Rahmen kann jeder selbst Mischungsnebel produzieren. Es genügt, an einem kalten Wintertag in die frostige Luft auszuatmen. In der Mischung aus Atemluft und Umgebungsluft kondensiert der Wasserdampf sofort. Das Wölkchen, das entsteht, ist also nichts anderes als ein Hauch von Mischungsnebel. Im gewöhnlichen Wettergeschehen ist Mischungsnebel aber sehr selten. Am ehesten lässt er sich noch an Meeresküsten beobachten. Dort mischt sich gelegentlich feuchtwarme Luft vom Meer mit kalter Luft vom Land.
In allen bisher geschilderten Formen des Nebels sind es Tröpfchen flüssigen Wassers, die das Phänomen hervorrufen. Selbst unter dem Gefrierpunkt bleiben die Wassertröpfchen in der Luft zunächst flüssig. Man spricht von unterkühltem Wasser. Die Tröpfchen können bei moderaten Minustemperaturen nämlich nur an festen Oberflächen gefrieren. Bei großer Kälte aber kann Nebel auch gänzlich aus Eiskristallen bestehen. Dazu muss die Temperatur unter minus 35 Grad Celsius sinken. Eisnebel tritt darum vorwiegend in den Polarregionen auf.
Wie groß sind die Wassertröpfchen im Nebel?
Die Größe der Nebeltröpfchen ist unterschiedlich, bewegt sich aber in einem engen Bereich. Beobachtet wurden Tröpfchen mit einem Durchmesser zwischen einem hundertstel und einem zehntel Millimeter. Werden die Tröpfchen größer, fallen sie wegen ihres Gewichts recht bald zu Boden. Nebel enthält weniger flüssiges Wasser, als man vielleicht annehmen würde: Das Gewicht aller Tröpfchen zusammen pro Kubikmeter beträgt typischerweise zwischen einem hundertstel und einem drittel Gramm.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/wie-entsteht-nebel/