Illuminati – eine Filmszene im Detail

Jens Kube

Im Vatikan erklärt die Physikerin Vittoria Vetra die Gefahr der Antimaterie. Wir betrachten die etwa einminütige Szene im Detail und beschreiben, welche Physik dahinter steht.

Der Filmausschnitt (freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch Sony Pictures Releasing GmbH) zeigt, wie der vatikanische Sicherheitsdienst durch die CERN-Forscherin Vittoria Vetra über die Gefahr der Antimaterie aufgeklärt wird. Schauen Sie sich zuerst den Ausschnitt an und lesen Sie dann darunter, welche Aussagen hier gemacht werden, was sie bedeuten und wie ihr Realitätsgehalt ist.

Der Dialog im Filmausschnitt aus Illuminati und seine physikalische Bewertung

Zum Hintergrund: Wir befinden uns im Vatikan im Überwachungszentrum der Schweizer Garde. Die Wissenschaftlerin Vittoria Vetra (gespielt von Ayelet Zurer) vom CERN und der Symbolforscher Robert Langdon (gespielt von Tom Hanks) wurden eingeflogen, um bei der Suche nach der aus dem CERN entwendeten Antimaterie zu helfen. Der Vatikan wird dabei vom Entführer erpresst, der dem Geheimbund der Illuminati anzugehören vorgibt.

Vetra: Wo befindet sich die Kamera Nr. 86?

Wachmann: Sie sendet drahtlos. Sie wurde auch gestohlen. Sie kann sich überall im Vatikan befinden.

Hier unterschätzt der Film die Fähigkeit, Radiosignale zu orten. Eine Kamera, die ein Livebild sendet, verrät ihre Position. Man kann sie mit einfachen Mitteln (z.B. zwei Richtantennen) innerhalb kürzester Zeit anpeilen.

Vetra: Der Zylinder enthält eine extrem brennbare Substanz, genannt Antimaterie. Wir müssen ihn sofort aufspüren oder die Vatikanstadt evakuieren.

Chef der Schweizer Garde: Mit Brandstoffen kenne ich mich recht gut aus, Signora Vetra. Ich habe noch nie gehört, dass man Antimaterie so verwendet.

Der Chef der Schweizer Garde hat recht. Antimaterie in gefährlichen Mengen herzustellen, ist unmöglich - nicht nur technisch, sondern auch aus grundsätzlichen physikalischen Zusammenhängen. Allerdings hat auch Vetra recht: Antimaterie ist brennbar, und zwar aufs äußerste: Trifft Antimaterie auf Materie, dann werden beide Teilchen sofort in reine Enegie umgewandelt. Eine heftige Reaktion, die man allerdings im wissenschaftlichen Umfeld nicht als "Feuer" bezeichnet. Damit würde man eine chemische Reaktion mit Sauerstoff beschreiben - bei der Materie-Antimaterie-Reaktion finden die Prozesse auf viel tieferer Ebene der Elementarteilchen statt. Man spricht hier von "Annihilation".

Vetra: Weil sie noch nie zuvor in signifikanten Mengen generiert wurde.

Sagen wir doch. Nun wird es spannend, offensichtlich ist die Physik in Illuminati weiter als die Realität es je sein wird: Im Film gibt es genug Antimaterie, um gefährlich zu sein. Durchaus legitime Fiktion - aber eben Fiktion.

Vetra: Ein Weg, den Ursprung des Universums zu studieren, ist das zu isolieren, was von manchen das Gott-Partikel genannt wird. Aber es gibt auch Auswirkungen auf die Energieforschung.

Chef der Schweizer Garde: Das Gott-Partikel?!

Vetra: Wie wir es nennen ist unwichtig. Es ist das, was aller Materie Masse verleiht, ohne das wir nicht existieren könnten.

Jetzt springt das Thema auf Heftigste. 1. Man versucht in der Teilchenphysik tatsächlich, in einem sehr kleinen und kontrollierten Laborbereich Bedingungen zu erzeugen, die denen kurz nach dem Urknall („Ursprung des Universums“) sehr ähnlich sind. Dies hat aber mit Antimaterie zunächst wenig zu tun. 2. Die physikalische Forschung ist auf der Suche nach dem Higgs-Boson (das manchmal als „Gottesteilchen“ oder „God Particle“ bezeichnet wird). Es hat keine göttlichen Eigenschaften, es ist einfach der fehlende Baustein im Weltbild der Teilchenphysik, weil es bisher theoretisch vorhergesagt wurde, aber noch nicht beobachtet werden konnte. Mit Experimenten an Teilchenbeschleunigern wie dem LHC oder dem Tevatron machen Physiker weltweit Jagd auf das Higgs-Teilchen. Auch hier spielt Antimaterie keine besondere Rolle. 3. Antimaterie hat keinerlei Auswirkungen auf die Energieforschung.

Durchaus richtig liegt Vetra mit ihrer Aussage, dass der Name des gesuchten Teilchens völlig egal ist. Und in der Tat, es soll uns Masse verleihen. Kein Grund allerdings, so schockiert zu schauen – und völlig irrelevant im Zusammenhang mit der Antimaterie, die hier verloren gegangen ist.

Langdon: Sie sprechen vom Augenblick der Schöpfung.

Vetra: Ja, in gewisser Weise.

Aha, der Symbolforscher Langdon hat so etwa erfasst, mit welcher Art von Forschung sich das CERN beschäftigt. Ein erstaunlicher Einblick in die Grundlagenforschung – bedenkt man die gefährliche Situation im Vatikan, die damit überhaupt nichts zu tun hat.

Vetra: Die Antimaterie schwebt frei. Im Vakuum einer Hülle aus Nanoverbundstoffen mit Elektromagneten. Aber wenn sie ihren Schwebezustand verliert und mit Materie in Kontakt kommt, zum Beispiel dem Zylinderboden, kommt es zur gewaltigen Annihilation der entgegengesetzten Kräfte.

Endlich zurück zu Thema. Die Physikerin erklärt das Entscheidende: Die Antimaterie darf nicht mit Materie in Kontakt kommen, sonst würde sie zerstrahlen – bei der hier angeblich vorhandenen Menge in einer gewaltigen Explosion. Um dies zu verhindern, ist natürlich ein Vakuum notwendig. Was das „Vakuum einer Hülle“ sein soll ist unklar, wahrscheinlich meint sie das „Vakuum in einem Behälter aus“, und die Nanoverbundstoffe hat sie sich vermutlich von ihren Kollegen des Raumschiffs Enterprise ausgeliehen. Dass Elektromagneten für die Speicherung von Antimaterie nützlich sind, ist dagegen ein guter Ansatz.

Chef der Schweizer Garde: Und wodurch könnte sie den Schwebezustand verlieren?

Vetra: Wenn die Batterie leer ist – was kurz vor Mitternacht der Fall sein wird.

Triviale Frage, triviale und durchaus praktische Antwort. Strom weg – Antimaterie fällt runter – Vatikan explodiert. Sehr handlich, dass der Zylinder eine Ladezustands-Anzeige hat. In der echten Physik sind die Antimateriespeicher übrigens nie batteriebetrieben – die benötigten Energiemengen, um die Speicherfelder zu erzeugen, sind viel zu groß, um aus Akkus gespeichert werden zu können.

Chef der Schweizer Garde: Welcher Art wäre die Annihilation? Wie gewaltig?

Vetra: Sie wäre apokalyptisch! Eine grelle Explosion mit der Kraft von fünf Kilotonnen.

Nun wird's konkret. Fünf Kilotonnen Dynamit, das ist eine Sprengkraft, die etwa einem Viertel der Hiroschima-Bombe entspricht. Bei der Annihilation von Antimaterie mit Materie wird diese Energie zunächst komplett in Form von elektromagnetischer Strahlung, also Licht in allen Wellenlängenbereichen, frei. Die Umstehenden würden verbrannt, verstrahlt und grell beleuchtet.

Langdon: Vatikanstadt wird verschlungen vom Licht.

Diese angebliche Prophezeiung der Illuminati fasst die Problematik noch einmal zusammen: Mit Hilfe der Antimaterie, die aus dem CERN entwendet wurde, wird eine Annihilationsreaktion erzeugt, die so viel Strahlung (Licht) erzeugt, dass die Vatikanstadt davon zerstört wird. Beruhigend, dass es aus grundsätzlichen physikalischen Erwägungen unmöglich ist, eine solch große Menge Antimaterie herzustellen und zu speichern, um eine solche Bombe herzustellen.

Lesen Sie mehr über die Fakten und die Phantasie in Illuminati in unserer Gegenüberstellung: Illuminati - wahr oder falsch?

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/physik-im-spielfilm/illuminati/filmszene-im-detail/