Nobelpreis für Physik 2017
Der Nobelpreis für Physik wird dieses Jahr zur Hälfte an Rainer Weiss verliehen, zur anderen Hälfte gemeinsam an Barry C. Barish und Kip S. Thorne „für entscheidende Beiträge zum LIGO-Detektor und die Beobachtung von Gravitationswellen“.
Vor etwa hundert Jahren hatte Albert Einstein Gravitationswellen im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Sie gehen von allen beschleunigten Massen aus und bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit durch das Universum. Dabei stauchen und strecken sie den Raum. Fast fünfzig Jahre haben Forscher erfolglos nach Gravitationswellen gesucht – bis der Nachweis im Herbst 2015 mit den Advanced-LIGO-Detektoren in den USA gelang.
Bereits in den 1970er-Jahren untersuchte Rainer Weiss mögliche Störeffekte bei der Messung von Gravitationswellen und überlegte, wie der Nachweis eines Signals gelingen könnte. Als geeigneten Detektor schlug er ein sogenanntes Laserinterferometer vor. Dieses besteht aus zwei senkrecht zueinander verlaufenden Armen, durch die jeweils ein Laserstrahl läuft. Spiegel am Ende der beiden Röhren werfen das Licht wieder zurück, um die beiden Strahlen schließlich zu überlagern. Eine durchlaufende Gravitationswelle sollte einen Arm des Interferometers strecken, während sie den anderen staucht. Dadurch verlängern beziehungsweise verkürzen sich die von den Laserstrahlen durchlaufenen Strecken und die beiden Lichtwellen schwingen nicht mehr im Takt, was sich messen lässt.
Während sich Weiss vor allem dem Entwurf und dem Bau der hochsensiblen Instrumente für das Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory oder kurz LIGO widmete, kümmerte sich Kip Thorne vom California Institute of Technology um die theoretische Seite. Denn um Gravitationswellensignale aus dem Hintergrundrauschen zu extrahieren, sind ausgeklügelte Analysen nötig. Die theoretische Vorhersage solcher Signale, wie verschiedene astrophysikalische Quellen sie aussenden sollten, spielte zudem eine wichtige Rolle beim Design der LIGO-Detektoren. 1984 startete das LIGO-Projekt, geleitet von Weiss, Thorne und Ronald Drever von der University of Glasgow, der ebenfalls als Nobelpreisanwärter galt, aber im März 2017 verstarb.
Ab 1994 übernahm Barry Barish die Leitung des Projekts, von 1997 bis 2005 war er dessen Direktor. Er sorgte dafür, dass dieses zunächst eher kleine Projekt zu einer internationalen Kollaboration heranwuchs – über tausend Wissenschaftler sind heute an dem Experiment beteiligt. Unter seiner Leitung wurde zudem der Ausbau des Detektors zu Advanced LIGO geplant, mit dem schließlich der erste direkte Nachweis von Gravitationswellen gelang: Am 14. September 2015 – noch im Probelauf – zeichneten die Gravitationswellendetektoren an den beiden Standorten Livingston und Hanford ein verdächtiges Signal auf. Mithilfe von Computersimulationen hatten die Theoretiker zuvor genau berechnet, wie solche durch Gravitationswellen verursachten Effekte aussehen müssten. Und der Abgleich mit diesen Mustersignalen zeigte, dass GW 150914 wahrscheinlich von zwei verschmelzenden Schwarzen Löchern ausging.
1,3 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt umkreisten sich die beiden Objekte mit 29 und 36 Sonnenmassen in einem Doppelsystem, kamen sich dabei immer näher und verschmolzen schließlich miteinander. Bei dieser Fusion wurden sehr starke Gravitationswellen abgestrahlt – mit einer Energiemenge, die drei Sonnenmassen entspricht. Seither haben die Wissenschaftler noch drei weitere Signale aufgespürt, allesamt von verschmelzenden Schwarzen Löchern. Die kollidierenden Objekte vereinten zwischen 8 und 36 Sonnenmassen in sich.
Anders als bei den bisherigen Funden wurde das neueste Signal – beobachtet am 14. August 2017 – gleichzeitig von drei Detektoren aufgezeichnet: neben den beiden Advanced-LIGO-Detektoren war dieses Mal auch der Advanced-Virgo-Gravitationswellendetektor in Italien beteiligt. Die dreifache Messung verbessert signifikant die Genauigkeit, mit der sich Himmelsposition und Entfernung der Schwarzen Löcher bestimmen lässt. Künftig hoffen die Forscher, auch Signale aus anderen Doppelsystemen zu entdecken, etwa von verschmelzenden Neutronensternen.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/politik-institutionen/2017/nobelpreis-fuer-physik-2017/